Martialisch

John Boehner - der Sprecher des US-Repräsentantenhauses sucht nach Gefolgschaft

  • Lesedauer: 2 Min.
John Boehner
John Boehner

Wenn John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, im Streit um die Anhebung der staatlichen Schuldenobergrenze an die Fraktionsdisziplin seiner Republikaner appelliert, greift er abseits der Kameras mittlerweile zu martialischen Formulierungen. »Ich ziehe nicht gegen Obama in den Kampf, wenn ich keine Armee hinter mir habe«, sagte er und fügte hinzu: »Get your ass in line« (Übersetzung wäre unzumutbar, d. Red.). Genutzt haben ihm die Kraftausdrücke bisher nichts. Seinen Gesetzentwurf zog Boehner am Donnerstag nach stundenlangen Debatten im Kongress vor der Abstimmung zurück, weil die rund 60 Vertreter der ultrarechten »Tea-Party-Bewegung« in der 240 Abgeorndete zählenden Republikaner-Fraktion dagegen opponierten. Sie wollen noch massivere Kürzungen von Sozialprogrammen durchdrücken und zudem eine Verfassungsklausel, die die Regierung zu einem ausgeglichenen Haushalt zwingt.

Dabei hatte der Rechtsruck bei den Zwischenwahlen vom vergangenen November Boehner, der seit 1991 Abgeordneter ist und 2007 an die Spitze seiner Fraktion rückte, zum formell mächtigsten Republikaner gemacht. Seinen Aufstieg zum Sprecher des Repräsentantenhauses verdankte er auch seiner harten Kritik am hohen Haushaltsdefizit. Der aus einfachen Verhältnissen und einem katholischen Umfeld in Ohio stammende Politiker zählte schon immer zum rechten Flügel seiner Partei. Er gibt sich wirtschaftsnah, pflegt Kontakte etwa zur Tabaklobby, er organisierte den Widerstand gegen Obamas Gesundheitsreform und blockierte wichtige Klimaschutzvorhaben der Demokraten.

Die Enthaltsamkeitsprediger der »Tea-Party« stört indes Boehners Auftreten als Lebemann. Dass er kürzlich gar mit Erzfeind Barack Obama Golf spielte, sorgte für böses Blut. Umgekehrt stößt der Crash-Kurs der Frischlinge im politischen Washington bei dem erfahrenen 61-Jährigen auf Skepsis. Sein strategisches Ziel ist es, Mehrheiten zu organisieren, was auch kleinere Kompromisse nötig macht. 1995 musste er aus nächster Nähe miterleben, wie in einer ähnlichen Situation eine unnachgiebige Haltung der Republikaner Bill Clintons Wiederwahl den Weg ebnete. Auch diesmal droht dem Blockierer, von den Wählern abgestraft zu werden. Kurt Stenger

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