»Profifußball ist keine Daseinsfürsorge«
Chemnitz will 23 Millionen in ein neues Stadion investieren
Als im Mai der Chemnitz FC seinen Einzug in die Dritte Liga durch einen Sieg gegen RB Leipzig perfekt machte, war für die Anhänger des Vereins die Welt noch vollkommen in Ordnung. Doch mit dem Aufstieg fingen die Probleme an. Denn der Deutsche Fußballbund (DFB) stellt an die Klubs in den Profiligen Anforderungen, welche der Chemnitzer FC derzeit nicht erfüllt. Knackpunkt ist das heimische Stadion, das von seinem Profil her nicht für die dritte Liga geeignet ist. So fehlen etwa eine elektronische Anzeigetafel und ein Fernsehstudioraum für Übertragungen der Partien. Um den Spielbetrieb zu sichern und dem Verein die notwendige Zeit zu geben, hat der DFB deshalb eine Ausnahmegenehmigung für die Saison 2011/2012 erteilt. Ein Umbau der heimischen Spielstätte scheint also unumgänglich zu sein.
Würde es nach den Plänen des Chemnitzer FC und Oberbürgermeisterin Barbara Ludwigs gehen, dann könnte bereits im Frühsommer des nächsten Jahres mit dem Umbau des Stadions in eine zweitligataugliche Fußballarena begonnen werden. Die Pläne für das mit 23 Millionen Euro Baukosten veranschlagte Projekt liegen bereits auf dem Tisch. Allerdings sorgen die Finanzierungspläne von Ludwig bei etlichen Chemnitzer Bürgern für Kopfzerbrechen, möchte das Stadtoberhaupt den Umbau doch allein mit kommunalen Mitteln finanzieren. Als Bauherrin soll die städtische Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft (GGG) eingesetzt werden, wobei die Stadt Chemnitz für die aufgenommenen Kredite bürgen soll.
Nach der Fertigstellung des 15 000 Fans fassenden Stadions wird dieses dem Chemnitzer FC zur Sitzung übergeben, die Stadt wiederum soll schließlich die jährlichen Mietkosten von rund zwei Millionen Euro an die GGG überweisen. »Meiner Meinung nach ist die Stadt Chemnitz, welche sich in der Haushaltskonsolidierung befindet, weder jetzt noch in fünf Jahren in der Lage, diesen Stadionneubau finanziell zu stemmen«, kritisiert die LINKEN-Stadträtin Sabine Pester das Vorhaben. Zwar sieht sie wie auch die Mehrheit ihrer Fraktion die Notwendigkeit eines Stadionumbaues nach dem DFB-Reglement, aber Pester kann nicht erkennen, woher die Stadt die Millionenausgaben für die Miete nehmen soll, ohne dass in anderen Bereichen noch weiter gekürzt wird.
Großen finanziellen Spielraum haben die Stadträte ohnehin nicht, sind bis zum Jahr 2015 doch Einsparungen von mehr als 200 Millionen Euro im Haushalt vorgesehen. Betroffen sind hier insbesondere der Sozial- und Kulturbereich, welche zu den freiwilligen Aufgaben einer Kommune gehören. Pester befürchtet nun, dass die notwendigen Gelder genau aus diesen Bereichen zusätzlich abgezogen werden könnten. Auch im Bereich der veranschlagten Baukosten ist sich die Stadträtin unsicher, ob es bei den veranschlagten 23 Millionen Euro bleibt. Unbegründet ist diese Sorge nicht, wie Beispiele anderer sächsischer Kommunen aus der jüngeren Vergangenheit zeigen. So musste die Stadt Zwickau erst im Juni eine wahre Kostenexplosion beim Umbau des Westsachsenstadions einräumen. Statt der geplanten 15 Millionen Euro müssen nun aufgrund von Planungsfehlern insgesamt 20 Millionen aufgebracht werden.
Die Stadträtin der LINKEN sieht auch die einheimische Wirtschaft in der Pflicht. »Profi-Fußball ist für mich ein Wirtschaftsfaktor und keine Daseinsfürsorge«, so Pester gegenüber ND. Ob der Stadionumbau in dieser Form eine Mehrheit im Stadtrat findet, bleibt abzuwarten, denn neben der Linksfraktion haben auch Vertreter der CDU, FDP und der Grünen erhebliche Zweifel angemeldet.
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