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Proteste gegen Staudamm

Brasiliens Wasserkraftwerke vertreiben Indigene und fördern Waldvernichtung

  • Gerhard Dilger, Porto Alegre
  • Lesedauer: 2 Min.
Am heutigen »internationalen Protesttag« gegen das Staudamm-Großprojekt Belo Monte sind Demonstrationen vor brasilianischen Konsulaten und Botschaften in aller Welt geplant, auch in Berlin.
Indios aus 24 Volksgruppen protestieren gegen den Staudamm.
Indios aus 24 Volksgruppen protestieren gegen den Staudamm.

Flüge und Hotels sind ausgebucht, neue Wohnkomplexe entstehen, die Mieten explodieren: Wegen des absehbaren Baus des umstrittenen Wasserkraftwerks Belo Monte wird die 100 000-Einwohner-Stadt Altamira am Amazonas-Nebenfluss Xingu allmählich zur Boomtown.

Und deutsche Firmen verdienen fleißig mit: So wird Mercedes-Benz 540 Geländelastwagen liefern. Und schon im März hatte sich die Siemens-Tochter Voith Hydro einen Großauftrag in Höhe von 443 Millionen Euro gesichert. Der Multi aus dem schwäbischen Heidenheim liefert Turbinen, Generatoren und Transformatoren und hat mit Andritz aus Österreich und dem französischen Konzern Alstom ein Konsortium gebildet. Am Auftraggeber Norte Energia, der von der Entwicklungsbank BNDES Kredite in Milliardenhöhe bekommt, sind staatliche Stromkonzerne, diverse Rentenfonds, der Bergbaumulti Vale und Baufirmen beteiligt.

Ein Großteil des produzierten Stroms dürfte privaten Stahl- und Aluminiumwerken in Amazonien zugute kommen, womit die Rolle des Gebiets als Rohstofflieferant für Europa, Nordamerika und Asien fortgeschrieben wird. Durch den Bau, für den die Umweltbehörde Ibama aller juristischen Einwände zum Trotz stets die erforderlichen Genehmigungen erteilt, wird zudem die Abholzung des Regenwaldes drastisch beschleunigt.

Aus den Satellitenbildern des nationalen Instituts zur Weltraumforschung geht deutlich hervor, dass derzeit die Verwüstung im Bundesstaat Rondônia besonders rapide voranschreitet: Dort sind die Bauarbeiten für die Großstaudämme Jiraú und Santo Antônio am Amazonas-Nebenfluss Madeira in vollem Gang.

Auch viele soziale Verwerfungen, die man bereits vom Bau ähnlich überdimensionierter Wasserkraftwerke aus den 80er Jahren kennt, wiederholen sich jetzt: die existenzielle Bedrohung indigener Völker, Zwangsumsiedlungen, miserable Arbeitsbedingungen. Im März revoltierten am Rio Madeira tausende Wanderarbeiter aus dem armen Nordosten, wochenlang war die Baustelle lahmgelegt.

In Altamira organisieren Obdachlose und Aktivisten der Antistaudammbewegung MAB fast wöchentlich Proteste. Vor dem Rathaus haben derzeit 300 Menschen, die wegen der steigenden Mieten obdachlos geworden sind, ein Lager aufgeschlagen. Da das Stadtgebiet Altamiras zu einem Drittel geflutet wird, müssten bis zu 40 000 Einwohner umgesiedelt werden, rechnet der dortige Bischof Erwin Kräutler vor: »Diese Menschen haben keine Ahnung, wie es weitergeht«.

»Der Kampf ist noch nicht verloren«, sagt der Träger des alternativen Nobelpreises trotzig, derzeit liefen noch zahlreiche Prozesse gegen Belo Monte. So reichte die Staatsanwaltschaft Belém letzte Woche Klage ein, weil die Rechte der Natur verletzt würden – ein juristisches Novum.

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