Eurokrise verunsichert Schwarz-Gelb

Einig beim Nein zu Bonds – Streit um Ausweitung des Rettungsschirms

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Schwarz-Gelb bleibt dabei: Gemeinsame europäische Staatsanleihen soll es nicht geben. Gleichzeitig wächst offenbar auch innerhalb der Union der Widerstand gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms.
Zeichnung: Christiane Pfohlmann
Zeichnung: Christiane Pfohlmann

Berlin (Agenturen/ND). Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach hat damit gedroht, im Bundestag gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zu stimmen. »Wenn sich an den jetzigen Plänen nichts Wesentliches ändert, kann ich nicht zustimmen«, sagte Bosbach dem Magazin »Focus«. Zwar fände auch er es wichtig, dass die Fraktion die Politik der Kanzlerin geschlossen mittrage. Hier gehe es für ihn aber um die grundsätzliche Frage, ob sich die Bürger auf die Zusagen der Politik verlassen könnten. So hätten auch Unionspolitiker bei der Einführung des Euro den Menschen versprochen, dieser werde genauso stabil sein wie die D-Mark. Jetzt aber halte er es beispielsweise für ausgeschlossen, dass Griechenland seine Schulden jemals werde zurückzahlen können.

Angesichts der Vorbehalte in der Union soll das Thema Finanzkrise entgegen der ursprünglichen Planung nun auch auf dem CDU-Parteitag Mitte November in Leipzig zur Sprache kommen. Das berichtet die »Leipziger Volkszeitung« unter Berufung auf Unionskreise. Auch in der FDP gibt es Widerstände gegen eine Ausweitung des Rettungsschirms. Es gilt daher als ungewiss, ob die Koalition in dieser Frage über eine eigene Mehrheit verfügt.

Einig sind sich Spitzenvertreter der Bundesregierung hingegen bei ihrem Nein zu gemeinschaftlichen Euro-Anleihen, sogenannten Eurobonds. »Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Eurobonds geben wird! Dafür steht die FDP«, sagte Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler der »Bild am Sonntag«. Schäuble sagte der »Welt am Sonntag«, solange die Finanzpolitik nicht vergemeinschaftet sei, könne es auch keine einheitlichen Zinsen – wie bei einer Umstellung auf Eurobonds – geben. Ähnlich hatte sich am Freitagabend CDU-Chefin Merkel geäußert. Eurobonds und kein Durchgriffsrecht der Europäischen Union in die Haushaltspolitik führten »mit Sicherheit zu einer schiefen Ebene«, sagte sie beim Parteitag der Niedersachsen-CDU in Hameln.

Die Einführung von Eurobonds würde bedeuten, dass nicht mehr einzelne Staaten Schuldtitel ausgeben, sondern die Euro-Zone als Ganzes. Dadurch würde die Zinslast für hoch verschuldete Länder wie Griechenland oder auch Italien sinken, für scheinbare »Musterschüler« wie Deutschland würde sie dafür aber höher als heute ausfallen. Experten des Bundesfinanzministeriums gehen laut »Spiegel« von Mehrbelastungen durch höhere Zinskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro im ersten Jahr und zwischen 20 und 25 Milliarden Euro nach zehn Jahren aus. Zum Vergleich: Im Bundeshaushalt 2011 sind rund 37 Milliarden Euro an Zinsaufwendungen vorgesehen. Die Experten gingen davon aus, dass die Zinsen für Eurobonds verglichen mit Bundesanleihen um rund 0,8 Prozentpunkte steigen würden. Allerdings kursieren seit Monaten unterschiedliche Zahlen dazu – je nach Grundlage der Berechnung.

Kanzlerin Merkel wird ihren Kurs in der Euro-Schuldenkrise am Montag bei der ersten Sitzung der CDU-Führungsgremien in Berlin erläutern. Um dem wachsenden Unmut in der Unionsfraktion im Bundestag zu begegnen, will sie dann am Dienstagabend in einer Fraktionssondersitzung mit den Abgeordneten diskutieren. Die Zustimmung für die Reform des Euro-Rettungsschirms – der nächste Schritt in der Schuldenkrise – innerhalb der Koalition gilt derzeit als völlig offen.

Die Opposition hält Eurobonds dennoch für notwendig. Sie würden zwar Deutschland belasten, sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir der »WirtschaftsWoche«. Aber: »Verglichen mit dem, was uns der Zerfall des Euro und damit der EU kosten würde, wäre das eine sinnvolle Investition in eine dauerhaft stabile Gemeinschaftswährung.«

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