Steuerzahler können den Fiskus an Prozesskosten beteiligen

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Krankeit, Scheidung oder die Beerdigung eines Angehörigen kosten viel Geld. Deshalb erkennen die Finanzämter diese Kosten in der Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung an. Künftig können Steuerzahler auch die Kosten für einen Gerichtsprozess absetzen.

Viele Steuerzahler in Deutschland können dank einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Az. VI R 42/10) auf höhere Rückzahlungen vom Finanzamt hoffen. Sämtliche Kosten für einen Zivilprozess vor Gericht dürfen nach einem Urteil der obersten deutschen Steuerrichter künftig von der Steuer abgesetzt werden – auch rückwirkend für die vergangenen Jahre.

Damit brach der Bundesfinanzhof (BFH) in München zwei Jahre nach dem Machtwort zur Pendlerpauschale erneut eine Lanze für die Steuerzahler. Der Bund der Steuerzahler forderte das Finanzministerium auf, die Regelung schnell umzusetzen und die Beamten in den Finanzämtern darüber zu informieren. »Das ist eine schöne Geschichte für die Steuerzahler«, sagte eine Sprecherin in Berlin.

Dem Bund könnten durch die Entscheidung aus München Steuereinnahmen in Millionenhöhe entgehen. Denn die Kosten für einen Prozess erreichen schnell Tausende oder sogar Zehntausende Euro: Alle Gebühren für Anwälte und das Gericht, Fahrtkosten für Zeugen oder auch Kosten für Ortsbesichtigungen stellt das Gericht dem Unterlegenen in Rechnung. »Diese Kosten sind für den Steuerzahler außergewöhnlich hoch«, sagte die Sprecherin des Bundes der Steuerzahler. Gerade deshalb sei es richtig, sie – genau wie Kosten für eine Krankheit, eine Scheidung oder Beerdigung – als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Einen Teil dieser außergewöhnlichen Kosten müssen Steuerzahler aber grundsätzlich allein tragen. Ein Arbeitnehmer ohne Kinder mit einem Einkommen von 15 000 Euro muss beispielsweise fünf Prozent (750 Euro) selbst schultern. Ein Gutverdiener mit einem Einkommen von mehr als 51 000 Euro pro Jahr muss sieben Prozent der außergewöhnlichen Belastungen selbst übernehmen. Nur an den Kosten, die darüber hinausgehen, kann er den Fiskus beteiligen.

Während diese Summe durch Arztkosten oder Medikamente seltener überschritten wird, können die Prozesskosten schnell Zigtausende Euro erreichen; ihre Absetzbarkeit können die Steuerlast damit spürbar mindern.

Das weiß die Klägerin in dem aktuellen Fall vor dem BFH aus eigener Erfahrung: Nach einem erfolglosen Streit mit ihrer Krankenkasse um die Zahlung von Krankentagegeld musste sie 10 000 Euro für den Prozess bezahlen, die sie nicht von der Steuer absetzen durfte. Gegen diese Entscheidung zog die Frau bis vor das oberste deutsche Steuergericht.

Die Entscheidungen des BFH betreffen zwar formell immer nur Einzelfälle. Die Ergebnisse sind aber in der Regel auf eine Vielzahl von Steuerzahlern übertragbar. Häufig handelt es sich bei BFH-Entscheidungen gewissermaßen um Musterprozesse, die von einzelnen Steuerzahlern ausgelöst werden: Die Klage um die Pendlerpauschale hatte im Jahr 2008 ein Bäcker aus Baden-Württemberg eingereicht und damit einen fulminanten Erfolg erzielt.

Werden die Steuerzahler nun jeden Streit mit dem Nachbarn vor Gericht austragen, da sie die Prozesskosten von der Steuer absetzen können? Nein, meint der Bundesfinanzhof. Bei jedem Prozess müssten sie dem Finanzamt nachweisen, dass sie dabei auch gute Erfolgsaussichten hatten. »Querulanten haben keine Chance«, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzhofs.

Auch der Bund der Steuerzahler rechnet nicht mit einer neuen Klagewelle vor deutschen Gerichten. Denn selbst wenn das Finanzamt die Kosten anerkennt, bekommt der Steuerzahler nicht seine vollen Ausgaben zurück. Und die besten Kosten, so das Motto vieler Steuerberater, sind immer noch die, die erst gar nicht entstehen. dpa/ND

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