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Tausende starben durch deutsche Hand

Die Kriegsverbrechen der Legion Condor, falsche Heldenverehrung und deren Folgen

  • Michael Berger
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Sieg der spanischen Faschisten über die demokratisch gewählte Volksfrontregierung war in erster Linie auf die massive Intervention Hitlers und Mussolinis auf Seiten Francos zurückzuführen. Deutschland und Italien schickten nicht nur Truppen sondern auch moderne Waffen in großer Zahl. Der Kriegseinsatz des deutschen Expeditionskorps Legion Condor diente Hitler als Generalprobe für seinen Vernichtungskrieg in Europa. Im September 1939 legten seine durch die Luftangriffe auf Guernica und andere spanische Städte geübten Luftwaffenpiloten Warschau in Schutt und Asche.

Erprobung neuer Waffensysteme

Aus dem anfangs eher sporadischen Zusammenspiel zwischen Francos Bodentruppen und deutschen Luftwaffenverbänden entwickelte sich ein strategisches Konzept, das für den weiteren Verlauf des Bürgerkrieges charakteristisch werden sollte. Nachdem der Vormarsch der franquistischen Truppen durch die zunehmende Gegenwehr der republikanischen Verbände zum Stehen gekommen war, konzentrierte sich die Legion Condor unter Führung des Generalmajors Hugo Sperrle und seines Stabschefs Wolfram von Richthofen auf die Erprobung neuer Waffensysteme und Luftkriegstechniken. Nach einer im Dezember 1936 begonnenen »Testreihe« wurden die durch die Bombenwirkung verursachten Schäden schriftlich wie fotografisch dokumentiert. Bei der von Richthofen am 14. Dezember 1936 kommandierten Bombardierung von Bujalance und Montoro starben etwa 100 Menschen, mehr als 200 Gebäude wurden zerstört.

Im Frühjahr 1937 befahl Franco angesichts der Misserfolge bei den Angriffen auf Madrid und auf Ratschlag der Legion-Condor-Führung den Angriff auf den militärisch schwachen, aber rohstoffreichen Norden Spaniens. Hier wurde das bereits erprobte strategische Konzept mit Erfolg angewendet. Beim Angriff auf Guernica am 26. April 1937 wurde das Zusammenwirken von Bombern und Jägern sowie ein neues Bombenabwurfverfahren erprobt. Durch den Terrorangriff der Legion auf die baskische Stadt starben Hunderte von Menschen.

Die Reihe der von der Legion Condor begangenen Kriegsverbrechen setzte sich bei den Kämpfen am Ebro-Bogen im Sommer 1938 sowie dem Dauerbombardement der katalanischen Hauptstadt Barcelona zwischen dem 21. und 25. Januar 1939 fort. Tausende Einwohner Barcelonas fielen den Luftangriffen und anschließenden Massakern der franquistischen Truppen zum Opfer. So flog auch die von dem Jagdflieger Werner Mölders geführte Staffel in der Schlacht um den Ebro-Bogen zahlreiche Einsätze. Zehntausende Soldaten und Zivilisten starben im Laufe der sich bis in den November hinziehenden Kämpfe am Ebro, die allgemein als Verdun des Spanischen Bürgerkrieges bezeichnet werden. Das Eingreifen der Jagdstaffeln in den Bodenkampf, Angriffe auf Truppenverbände, Ortschaften und Zivilisten scheint mehr als wahrscheinlich, zumal diese in Selbstzeugnissen Mölders bereits aus dem Mai 1938 nachgewiesen sind. Ungeachtet dieser zahlreichen dokumentierten Kriegsverbrechen blieben die Einsätze der Legion Condor in der Bundesrepublik Deutschland vielfach Gegenstand unreflektierter Verehrung. Dies führte zu zahlreichen Benennungen außer- wie innerhalb der Bundeswehr, so auch mit dem Traditionsnamen Mölders.

Diesem Spuk setzte der damalige Bundesminister der Verteidigung Dr. Peter Struck im Jahre 2005 mit der Umbenennung der nach Werner Mölders benannten Bundeswehreinrichtung ein energisches und deutliches Ende. Grundlage für die Entfernung des belasteten Namens war ein Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. April 1998 sowie ein Gutachten des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes der Bundeswehr zu Werner Mölders aus dem Jahr 2004. Das Parlament hatte vor dem Hintergrund des 60. Jahrestages der Bombardierung Guernicas entschieden, für Bundeswehreinrichtungen Namen von Mitgliedern der Legion Condor nicht weiter zu verwenden und bereits erfolgte Benennungen aufzuheben.

Die umtriebigen »Mölderianer«

Trotz dieser eindeutigen Beschlüsse der militärischen wie auch politischen Führung zeigt sich die Kamarilla der »Mölders-Anhänger«, unter ihnen ehemalige Generale der Bundeswehr, unverbesserlich. Kritiker der Mölders-Verehrung werden angegriffen, öffentlich diffamiert und mit Klagedrohungen unter Druck gesetzt. Bestärkt werden die »Mölderianer« unter anderem durch die Tatsache, dass der Legion Condor auch heute noch in der Öffentlichkeit ehrendes Andenken zuteil wird. Außer der Spanischen Allee in Berlin gibt es in zahlreichen deutschen Städten nach wie vor Möldersstraßen.

Die ehemaligen Spanienkämpfer mussten in der Bundesrepublik jahrzehntelang um ihre Anerkennung kämpfen. Während in der DDR die Geschichte der Spanienkämpfer in die Tradition des antifaschistischen Widerstandes einbezogen wurde, stießen sie in der Bundesrepublik als »Bolschewisten und rote Söldner« auf Ablehnung, zumal die Adenauer-Regierung zum Franco-Regime gute Beziehungen unterhielt. Erst 1972 wurden die ehemaligen Interbrigadisten hinsichtlich ihrer Versorgungsansprüche den Condor-Legionären gleichgestellt – diese längst überfällige sozialpolitische Korrektur konnte offensichtlich erst unter einer von einem Augenzeugen des Spanienkrieges geführten Bundesregierung umgesetzt werden.

Michael Berger, geb. 1964, erforscht deutsche Militärgeschichte mit Schwerpunkt Verbrechen der Wehrmacht.

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