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Ist ein Nebenjob im Urlaub erlaubt?

Nebentätigkeiten trotz Vollzeitarbeit (Teil 2)

  • Lesedauer: 4 Min.
Vor einer Woche haben wir an dieser Stelle den ersten Teil einer zweiteiligen Serie zum Thema Nebentätigkeiten – gemeint sind Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit Vollzeitarbeit in einem weiteren Arbeitsverhältnis oder als Selbstständiger und Freiberufler – veröffentlicht und sind dabei auf die Zulässigkeiten und Grenzen eingegangen. Im heutigen zweiten Teil geht es noch einmal um die Rechtsunsicherheiten sowie um die Frage, ob der Nebenjob eine Konkurrenz ist und wie es sich mit der Anzeigepflicht der Nebentätigkeit verhält.

3. Nebenjob in einer Konkurrenzfirma – eine Konkurrenz?

Die Aufnahme einer Nebentätigkeit in einer Konkurrenzfirma des Hauptarbeitgebers – ob es eine Computerfirma ist oder ein Handwerksbetrieb mit Spezialaufträgen – ist dem Arbeitnehmer untersagt. Hier werden die Wettbewerbsinteressen des Hauptarbeitgebers verletzt (§ 60 Abs. 1 Handelsgesetzbuch – HGB). Der ist verpflichtet, diese Interessen des Arbeitgebers zu beachten.

Das betrifft übrigens auch den Fall, wenn ein Mitarbeiter sich als Nebentätigkeit selbstständig macht und dadurch dem Hauptarbeitgeber zum Konkurrenten wird. Der Arbeitgeber wird sich dagegen zu wehren wissen, denn seine Geschäftsinteressen sind sogar grundsätzlich geschützt (Art. 14 GG).

4. Urlaubszweck und Nebentätigkeit

Der § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verbietet eine Erwerbstätigkeit während des Urlaubs, wenn »... sie dem Urlaubszweck« widerspricht. Hierzu gibt es natürlich die verschiedensten Beispiele, wann ein Nebenjob im Urlaub der Erholung nicht gerecht wird. Es kommt dabei sicher darauf an, welche Tätigkeiten im Hauptjob ausgeübt werden, wie die Belastung während der Urlaubstätigkeit ist usw.

Arbeitgeber, die ihrem Mitarbeiter die Nebentätigkeit im Urlaub verbieten wollen, müssten schon die Erholungsfeindlichkeit des Urlaubsjobs nachweisen (siehe auch ND-Ratgeber vom 13. Juli 2011).

Nach einer BAG-Entscheidung kann man davon ausgehen, dass eine Nebentätigkeit während des Urlaubs in Vollzeitarbeit dem Erholungszweck widerspricht (BAG-Urteil vom 13. März 2003, Az. 6 AZR 585/01). Das BAG schränkt diesen Grundsatz aber insofern ein, als dies zumindest für die Urlaubszeit des gesetzlichen Mindesturlaubs von 24 Werktagen gilt, was ja im Umkehrschluss heißt, für höhere Urlaubszeiten (aus Arbeits- oder Tarifverträgen) darf an den höheren Urlaubstagen auch Vollzeit gearbeitet werden.

Obgleich die gesetzliche Grenze, im Urlaub zu arbeiten, ziemlich eng ist und zudem viele Mitarbeiter der jährlichen Urlaubszeit buchstäblich »entgegen fiebern«, weil sie Erholung dringend nötig haben, zeigen diesbezügliche jüngste Erhebungen ein unerwartetes Bild.

Das Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg stellte fest, dass von den in signifikanter Anzahl befragten Arbeitnehmern (Männer und Frauen) immerhin 58 Prozent angaben, im Urlaub zu arbeiten (Frauen zu 54 Prozent und Männer zu 61 Prozent laut Quelle »Tagesspiegel« vom 10. Juli 2011).

Nun ist nicht gesagt, dass alle in einem Nebenjob tätig sind, denn man kann und wird ja im Urlaub auch eigene Arbeiten verrichten wollen (beispielsweise im Eigenheim, Malerarbeiten in der Wohnung und bei Freundschaften, Gartenarbeiten). Aber sicher wird ein beträchtlicher Teil versuchen, über Nebentätigkeiten im Urlaub die finanzielle Lage der Familie aufzubessern.

Aus den bisherigen Darlegungen wird ersichtlich, unter welchen Bedingungen Nebentätigkeiten zulässig und untersagt sind. Es ist kaum damit zu rechnen, dass die Rechtsprechung die Grenzen der Zulässigkeit künftig wesentlich erweitern wird.

Bleiben noch zwei wichtige praktische Fragen offen: Ist der Nebenjob dem Chef mitzuteilen? Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn der Beschäftigte das berechtigte Nebentätigkeitsverbot des Chefs ignoriert?

Anzeigepflicht für Aufnahme einer Nebentätigkeit?

Wenn es den Grundsatz gibt, dass Beschäftigten eine Nebentätigkeit erlaubt ist, müssten sie dies auch ohne Information oder Anzeige dem Arbeitgeber gegenüber können. Das ist richtig, aber es gibt eben spezifische Einzelheiten, die die Grundsätze relativieren.

Gibt es keine Vereinbarung im Tarif- oder im Arbeitsvertrag, dass der Beschäftigte eine Nebentätigkeit dem Arbeitgeber gegenüber anzuzeigen hat, muss er auch niemand darüber informieren, wenn er einen Nebenjob aufnehmen will.

Das Problem liegt indes woanders: Die allgemein geltenden Grenzen können ja letztlich nur dann vom Chef überprüft werden, wenn er von der beabsichtigten Jobaufnahme oder dem bereits bestehenden weiß. Demzufolge ist als herrschende Meinung anerkannt, dass zwar eine allgemeine vertragliche Genehmigungspflicht unzulässig, eine Anzeigepflicht aber durchaus zulässig ist. Dann erst kann die Firma prüfen, inwieweit die Grenzen der Nebentätigkeit beachtet werden.

Für die Vertragspartner rechtssicher wäre die Vereinbarung im Arbeitsvertrag, dass der Beschäftigte jede Nebentätigkeit rechtzeitig vor deren Aufnahme anzuzeigen hat. Die Firma ist dann in der Lage, die Grenzen zu überprüfen, darf aber keine hinzufügen oder die bestehenden erweitern.

Wie bekannt, weiß die Rechtsprechung solche Ausweitungen zu korrigieren. Eine Vereinbarung wäre jedenfalls eindeutig und findet in den vier dargestellten Grenzen ihre Konkretisierung. Diese müssen nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden, sie gelten Kraft Gesetzes oder Richterrecht.

Prof. Dr. JOACHIM MICHAS

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