Schlacht
Der Wiener Bildhauer Alfred Hrdlicka sagte 1998 im ND-Gespräch: »Schauen Sie sich Caspar David Friedrichs Eisberge an, ich seh die immer wie Gewaltakte, die weniger mit Natur als mit Kultur zu tun haben. Das sind Bilder von Schlachtfeldern, die nicht nur aus dem Meer platzen, sondern aus Friedrichs Zeit hinein in alle Zeiten.«
Ein Foto von Trümmern des 11. September – und ein Ausschnitt aus einem Gemälde Friedrichs: 1823/24, »Das Eismeer (Die verunglückte Hoffnung)«. Das verblüffend Ähnliche jener Richtungen, in welche die Eisplatten und Stahlskelette wirr und wüst aufragen – es ist der blanke Zufall, und doch saugt man sich diese Fügung, wie da eines zum anderen zu passen scheint, regelrecht ins Gemüt.
Wir wollen in allem Zeichen lesen, wenigstens im Nachhinein. Wir wollen das Gesetz nicht aufkündigen, das es gar nicht gibt: das Gesetz der vorbestimmten, festgelegten Bedeutungen, die in allem verborgen sind. Noch im Schrecklichen haben wir einen Nerv für den Rausch der Deutungen, der unser sprachloses Entsetzen ins Mystische hinübergleiten lässt: in Ahnungen vom Immergleichen, vom geheimen Netzwerk der Katastrophen.
Aber solche Gedanken sind das Beiwerk der großen Distanz zu einem Unglück wie dem von New York. Die Bilder der Betroffenen sprechen jene andere Sprache, die nur vom Flehen ums Überleben weiß.
Zehn Jahre später ist Grauens Stätte aufgeräumt – und wieder Baustelle. Alles auf Anfang? Nicht wirklich. Noch immer nennt sich Überlegenheit am liebsten: turmhoch. Und sieht oft von weit oben die Gefahren nicht.
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