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Wider Legenden und Lügen

Notizen von einer Spanienkrieg-Tagung in Berlin

Das Spanienkämpfer-Denkmal von Fritz Cremer in Berlin
Das Spanienkämpfer-Denkmal von Fritz Cremer in Berlin

Das lang erwartete Biografische Lexikon deutscher Spanienkämpfer nähert sich seiner editorischen Endfassung. Dies konnte Enrico Hilbert von den Kämpfern und Freunden der Spanischen Republik 1936-1939 e.V. (KFSR) auf einem in Berlin stattgefundenen dreitägigen Treffen vermelden. Zum 75. Jahrestag des Beginns des Spanienkrieges hat der Verein unter dem Motto »Eine andere Welt war immer möglich« zu historischer Reflexion und aktueller Diskussion geladen. Eröffnet wurde die Zusammenkunft mit dem Film »Brigadistas« von Daniel Burkholz. Als Zeitzeuge war der letzte lebende Spanienkämpfer Estlands, Erik Ellmann, anwesend.

Die vor zehn Jahren gegründete KFSR lud zum Jubiläum Vertreter von Partnerorganisationen ein. Ana Perez von der spanischen Asociación de Amigos de las Brigadas Internacionales (AABI) nannte als vornehmliche Aufgabe ihrer Organisation, den Interbrigadisten die Dankbarkeit des spanischen Volkes zu vermitteln. Ein 1998 eingerichtetes Archiv diene der Bewahrung von Erinnerungen. Im Oktober wird das erste Denkmal in Madrid für Interbrigadisten eingeweiht.

Claire Rolt-Taguy vom 1938 gegründeten Verband der französischen Spanienkämpfer, zu dessen Unterstützung sich 1996 ein Verein der Freunde konstituiert hatte, betonte die Notwendigkeit, aus der Geschichte Lehren für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Im Namen der Guerilleros, die nach der Niederlage der Republik gegen die Franco-Diktatur kämpften und deren Familien in Frankreich Exil fanden, sprach Pepita Léon Gonzáles, deren Großvater und Onkel bereits zu Beginn des Spanienkrieges gefallen sind und deren Vater nicht nur die Schlacht im Jarama-Tal mitgemacht hatte. Sie rief die Partnervereine auf, sich weiter Sympathisanten zu öffnen, unabhängig der Nationalität. »Denn wir sind alle Internationalisten.« Philippe Guistinati, Abgesandter der in Frankreich lebenden italienischen Spanienkämpfer und Angehörigen forderte stärkere internationale Koordinierung und Vernetzung. Dies sei auch notwendig, um »imperialistische Kriege wie in Afghanistan, Irak, Libyen künftig zu vereiteln«.

Ein engeres Zusammenwirken verlange zunehmender Geschichtsrevisionismus, ergänzte Francesco Vaia. Italienische Historiker schieben wider die historische Wahrheit Republikanern und Interbrigadisten die Schuld am spanischen Bürgerkrieg zu, sagte der Gast aus Italien. Vaia, der die schon 1937 gegründete Brüderschaft der »Garibaldiner« vertrat, betonte, dass die über 4000 italienischen Freiwilligen an der Seite der Madrider Volksfront-Regierung (denen 8000 Mussolini-Legionäre gegenüberstanden) ebenso wie die deutschen Interbrigadisten nicht nur gegen den spanischen Faschismus, sondern auch den im eigenen Land gekämpft hätten. Last but not least überbrachte Lynda Walker aus Belfast Grüße von den britischen und nordirischen Freunden.

Neue Erkenntnisse der Forschung präsentierten die Historiker. Werner Abel bot gleich zwei Referate: über Mallorca im Krieg sowie General José Gomez alias Wilhelm Zaisser. Dieser ranghöchste Deutsche in Spanien, der militärische Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, in der Roten Ruhrarmee und im Militärapparat der KPD gesammelt hatte, gehörte zu den sogenannten »Mexikanern«, wie aus Tarnungsgründen die von Moskau nach Spanien geschickten Interbrigadisten gelistet waren. Der Kommandeur der XIII. Internationalen Brigade ist 1937 trotz seiner Fähigkeiten abgelöst worden. Ihm blieb jedoch das Schicksal anderer talentierter und beliebter Kommandeure erspart, die in die Sowjetunion zurückgerufen und dort erschossen oder verbannt worden sind. Abel räumte auch mit Legenden und Lügen auf. Erich Mielke, der spätere Chef des MfS in der DDR, war in Spanien nicht an Exekutionen beteiligt, wie etwa Walter Janka in der Wendezeit behauptete. Auch sei Hans Beimler nicht von eigenen Leuten erschossen, sondern von einer feindlichen Kugel getroffen worden – wie es im bekannten Lied heißt, in dem indes fälschlich suggeriert werde, er sei ein Kommissar gewesen.

Peter Fisch referierte über Mythen des Franquismus und monumentale Erinnerungsorte des Franco-Regimes wie z. B. im Valle de Caídos (Tal der Gefallen). Und Willi Eckert informierte über eine Straße, einen Gedenkstein und eine Gedenkstätte in Ueckermünde für Dr. Günter Bodeck und weitere deutsche Sanitäter im Spanienkrieg, die nach 1990 eliminiert worden sind; der Gedenkstein indes steht wieder. Hilbert ließ des weiteren wissen, dass für das Lexikon deutscher Spanienkämpfer, das nicht nur Waffenträger, sondern auch Ärzte, Krankenschwestern, Literaten und Reporter bedenkt, bislang 3253 Namen, darunter von 128 Frauen, ermittelt sind. Der älteste deutsche Antifaschist zählte 69 Jahre, als er nach Spanien aufbrach. Da von einigen Spanienkämpfern das Geburtsdatum respektive Fotos fehlen, rief Hilbert alle Wissenden und Willigen zur Unterstützung auf. Auch finanzielle Hilfe wird dankbar angenommen.

Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936 - 1939 e.V.; Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin; www.kfsr.info; E-Mail: info@spanienkaempfer.de.

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