Warten auf das ganz große Erlebnis

Alemannia Aachen verliert 0:2 bei Union Berlin und bleibt auch mit neuem Trainer Funkel sieglos

Als Fan ist der Mensch ein recht genügsames Wesen. Ein Tor, ein Sieg und zumindest das Wochenende ist gerettet. So feierten am Sonnabend knapp 15 000 nach dem 2:0 des 1. FC Union gegen Alemannia Aachen minutenlang ihre Mannschaft. Dabei war es egal, dass die Berliner »nicht gut gespielt« hatten, wie Trainer Uwe Neuhaus zugeben musste. Das Wichtigste: Durch die Tore von Markus Karl (39. Minute) und Torsten Mattuschka (88.) hatten die Köpenicker weitere drei Punkte gesammelt. »Ein dreckiger Arbeitssieg«, fasste Mattuschka zusammen. Doch die Stimmung im Stadion war ebenso prächtig wie nach dem glanzvollen Heimerfolg gegen Ingolstadt vor zwei Wochen.

Was passiert, wenn die Hoffnungen der Anhänger Spieltag für Spieltag enttäuscht werden, erlebten die Gäste. Als die Ehrenrunde der Unioner noch nicht einmal richtig begonnen hatte, machten die Aachener zehn Meter vor ihrem Fanblock erschrocken halt. »Wir sind alle frustriert, aber es bringt nichts, sich direkt nach dem Spiel beschimpfen zu lassen«, sagte Alemannias Abwehrspieler Timo Achenbach wenig später. Lautstark und gestenreich ließen die Aachener Fans zuvor ihrem Frust freien Lauf. Wieder blieb ihnen der Genuss des Torjubels versagt, ganz zu schweigen von dem ganz großen Wochenenderlebnis, einem Sieg.

Seit fünf Monaten wartet ganz Aachen auf einen Dreier. In den bisherigen neun Saisonspielen gelang den Alemannen nur ein einziger Treffer. Daran änderte auch der Trainerwechsel von Peter Hyballa zu Friedhelm Funkel vor dem Spiel in Berlin nichts. Doch abgesehen von der erschreckenden Offensivschwäche ist die Bilanz nicht die eines Abstiegskandidaten. Nur zehn Gegentore und Punktgewinne gegen Spitzenteams wie Düsseldorf und Greuther Fürth zeugen durchaus von Qualität beim Zehnten der Vorsaison.

In der ersten Halbzeit fand der 1. FC Union dann auch kaum ein Mittel gegen die defensiv starken Gäste. »Wir haben eine Standardsituation benötigt, um das Spiel auf den Weg zu bringen«, beschrieb Unions Trainer Neuhaus die glückliche Führung zur Pause. Nach einem Eckball landete der Schuss von Patrick Kohlmann irgendwie bei Markus Karl, der nur noch den Fuß hinhalten musste. Die Aachener tauchten nur einmal vor dem Berliner Tor auf, dafür aber gefährlich: Marco Stipermann verzog nach 20 Minuten frei vor Union-Torwart Jan Glinker nur knapp.

Klar herausgespielte Torchancen blieben auch nach der Halbzeit selten. »Kleinigkeiten entscheiden solch ein Spiel«, ärgerte sich Aachens Kevin Kratz, »im Moment leider gegen uns.« Wie in der 86. Minute, als Alemannia-Stürmer Benjamin Auer aus fünf Metern den Ball nicht an Glinker vorbeibringen konnte. Zwei Minuten später sorgte Mattuschka per Elfmeter für den Endstand.

So können die Berliner als Tabellenachter jetzt »ohne Druck« – wie Karl zufrieden feststellte – das nächste Spiel gegen Eintracht Frankfurt angehen. Davon ist Aachen weit entfernt. Aber immerhin: Weit nach Spielende kam es noch zur Aussprache mit den Fans. Und vielleicht können sie bald auch wieder miteinander jubeln. Der neue und sehr erfahrene Trainer Friedhelm Funkel ist in dieser Situation vielleicht der richtige Mann.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -