Boeings Albtraum ist ausgeliefert
Dreamliner 787 dreieinhalb Jahre verspätet auf dem Weg nach Tokio
Irgendwie ist man geneigt, die Maschine mit einem Trabant zu vergleichen. Erstens weil das DDR-Auto auch zum Gutteil aus Verbundwerkstoffen bestand und daher sehr leicht war. Zweitens weil Kunden ewig und drei Tage auf die Auslieferung ihres Traums warten mussten. Doch nun wird der erste der 55 von ANA bestellten 787 Langstreckenjets Richtung Japan abheben. Mit rund dreieinhalbjähriger Verspätung. Im November wird die 787 zunächst auf ANA-Inlandslinien eingesetzt. Im Dezember folgt dann die Verbindung Tokio-Peking bevor ANA dann ab Januar mit der 787 zwischen Tokio-Haneda und Frankfurt (am Main) pendelt.
Insgesamt sind derzeit 820 Dreamliner, deren Rumpf und Tragflächen zum Großteil aus Kohlefaserwerkstoff bestehen, in Boeings Orderbüchern vermerkt. Das ist ein stattlicher Auftrag. Die Airlines erhoffen sich einen Effektivitätsschub von der Maschine. Dass der Typ so spät kommt, liegt unter anderem daran, dass die Produktion zum großen Teil ins Ausland verlagert wurde. Gut ein Drittel der Bauteile des Modells kommt aus Japan von den Zulieferfirmen Mitsubishi, Kawasaki und Juji Heavy Industries. Das Boeing-Management war nicht in der Lage, die Herstellung zu koordinieren und dabei technische Schwierigkeiten, die sich bei Tests herausgestellt haben, zu beheben. Die ersten drei Exemplare musste der Hersteller wegen Unverkäuflichkeit abschreiben. So wurden aus veranschlagten sechs Milliarden Dollar Entwicklungskosten rund 15 Milliarden Dollar – und der Dreamliner zum teuersten Zivilflugzeugprogramm aller Zeiten. Also zum Albtraum der Konzernbosse. Boeing dementiert nicht, dass man erst um die tausend Jets verkaufen muss, bevor man in die Gewinnzone fliegen kann.
Auch bei der Modernisierung ihres Jumbos 747 hat Boeing bislang nicht viel Glück. Die US-Frachtflug-Gesellschaft Air Atlas hat drei ihrer ursprünglich zwölf georderten Maschinen abbestellt. Als Gründe werden mangelnde Termintreue sowie »Leistungserwägungen« geltend gemacht. Unlängst hatte die Cargolux-Gesellschaft Boeing düpiert, weil sie die Übergabezeremonie platzen ließ. Wegen technischer Probleme hatte sich die Erstauslieferung des neuen Jumbos immer wieder verschoben. Man liegt rund zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück.
Was die Zuverlässigkeit des 787-Traum-Typs betrifft, so kann Lufthansa einiges dazu beitragen. Der Technik-Betrieb der deutsche Airline übernimmt für einen weiteren japanischen 787-Kunden, die Japan Airlines, Wartung und Service.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.