Versicherungsschutz beim Arbeitseinsatz im Ausland

ND-Serie: Welche Versicherungen Sie wirklich brauchen (Teil 23)

  • Lesedauer: 4 Min.
In einer Artikelserie zum umfangreichen Thema Versicherungen behandelt unser Autor HERMANNUS PFEIFFER, Wirtschaftspublizist in Hamburg, jeden Mittwoch an dieser Stelle unterschiedliche Aspekte und Probleme über Versicherungen. Im heutigen Teil 23 geht es um Versicherungen für jene, die im Ausland arbeiten oder studieren.

Immer mehr Unternehmen bieten Jobs im Ausland an. Jährlich reisen zwei Millionen Arbeitnehmer berufsbedingt um die Welt, so die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Sind diejenigen richtig versichert?

Für diese modernen Wanderarbeiter gibt es schon einen eigenen Begriff: »Expatriat«, kurz Expat. So wird in der privaten Wirtschaft eine Fachkraft genannt, die von einem international tätigen Unternehmen vorübergehend, meist für zwei, drei Jahre, an eine ausländische Zweigstelle entsandt wird. Die Beschäftigten »sind dort anderen sozialen und gesundheitlichen Risiken ausgesetzt«, warnt die Berufsgenossenschaft VBG. Sie müssen sich also »richtig versichern«.

Doch nicht allein Arbeitnehmer sind im Ausland oft ohne ausreichenden Versicherungsschutz und damit finanziellen Gefahren ausgesetzt. Auch Touristen oder Studierende sind in der Regel nicht gegen mögliche Unbilden im Ausland ausreichend abgesichert. Mit fatalen Folgen: Allein der medizinisch notwendige Rücktransport nach Hause kann bis zu 70 000 Euro kosten. Meist erhält man im Ausland auch keine ärztliche Behandlung ohne Vorauszahlung.

Vergleichsweise umfassend, aber keineswegs vollständig ist der vielleicht wichtigste Baustein geregelt – die gesetzliche Unfallversicherung. Einige Fallbeispiele aus der Praxis der Berufsgenossenschaften verdeutlichen dies:

Fall 1: Eine Ingenieurgesellschaft soll eine Straße in Frankreich bauen. Sie verpflichtet sich gegenüber dem Auftraggeber, das Projekt innerhalb von drei Jahren zu realisieren. Die Firma entsendet drei Bauleiter. Der Ingenieur X soll innerhalb von 12 Monaten seinen Teil erledigt haben. Die Ingenieure Y und Z werden durch X eingewiesen und sollen bis zum Abschluss des Projektes in Frankreich bleiben. Die Entlohnung erfolgt durch die Gesellschaft daheim. Die Entsendung der Arbeitnehmer ist zeitlich befristet. Arbeitnehmer X verbleibt weiterhin in der deutschen Sozialversicherung (einschließlich gesetzlicher Unfallversicherung), da seine Entsendung auf 12 Monate begrenzt ist.

Fall 2: Die genannten Beschäftigten Y und Z überschreiten die Höchstdauer von 12 Monaten und wären daher in Frankreich zu versichern. Eine abweichende individuelle Regelung ist allerdings möglich und muss mit den zuständigen in- und ausländischen Stellen abgesprochen werden. Stimmt die französische Seite dem Antrag zu, bleiben die beiden Bauleiter in der deutschen Sozialversicherung. Die Praxis zeigt, dass der ausländische Träger dem Antrag zumeist zustimmt.

Fall 3: Mit Bulgarien, Israel, Marokko, Polen, Rumänien, Schweiz, Türkei, Tunesien, Ungarn und den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens hat die Bundesrepublik zweiseitige Sozialversicherungsabkommen geschlossen, deren Regelungen sich weitgehend an den Regelungen innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-VO 1408/71) orientieren. Die Entsendefristen sind in diesen Abkommen aber unterschiedlich geregelt.

Fall 4: Es kann vorkommen, dass die vorgenannten Voraussetzungen eines Versicherungsschutzes nicht gegeben sind. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber der Auslandsunfallversicherung (nach §§ 140 ff. SGB VII) beitreten.

Weitere Informationen gibt die Berufsgenossenschaft unter www.vbg.de.

Nicht unter dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung stehen Mitarbeiter, die im Ausland angestellt oder in einer selbstständigen Niederlassung beschäftigt werden. In diesen Fällen richtet sich der Versicherungsschutz nach dem Recht des ausländischen Staates. Dies kann unter Umständen auch dazu führen, dass der Unternehmer für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten haftet und für ihre Folgen aufkommen muss.

Weitere Infos bei Deutsche Verbindungsstelle Gesetzliche Unfallversicherung - Ausland unter www.hvbg.de.

Zu den gesetzlichen Versicherungen kommen noch die privaten. Egal, ob Sie in der Schweiz arbeiten oder in Norwegen studieren wollen oder ihre Rentenzeit auf Mallorca verleben wollen – es sind viele Fragen vor der Abreise zu klären. Eine private Unfallversicherung bietet oftmals nur dann Versicherungsschutz im Ausland, wenn der Hauptwohnsitz weiterhin in Deutschland liegt. Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben, sollten Sie offene Fragen rechtzeitig mit dem Versicherer klären.

Eine private Auslandskrankenversicherung schützt Sie vor unvorhergesehenen Krankheitskosten im Ausland. Außerdem werden die Kosten für einen medizinisch notwendigen Rücktransport übernommen, wenn Sie aus Krankheitsgründen nach Deutschland geflogen werden müssen. Generell sichern Privat-Haftpflichtversicherungen zwar Personen-, Sach- und Vermögensschäden ab, die durch den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen verursacht wurden. Doch die meisten Haftpflichtversicherungen decken weltweit nur zeitlich begrenzt.

Wer rechtlich auf Nummer sicher gehen will, sollte über eine Rechtsschutzversicherung nachdenken. Diese kann, muss aber nicht im In- und Ausland gültig sein. Im Gegensatz zur Haftpflichtversicherung benötigen Sie dann eine Rechtsschutzversicherung, wenn nicht ein anderer Ansprüche gegen Sie geltend macht, sondern wenn Sie ihre Rechte bei anderen geltend machen wollen. Anwalts- und Gerichtskosten können im Ausland oft noch höher ausfallen als hierzulande. Hier springt dann die Rechtsschutzversicherung für Sie ein und übernimmt anfallende Kosten.

Weitere Infos in der kostenlosen Broschüre »Versicherung bei Auslandsaufenthalt« vom Bundesverwaltungsamt in Köln; zu bestellen per Telefon unter (0228) 99 358 0 oder per E-Mail poststelle@bva.bund.de.

Teil 24 in der nächsten Woche: Tücken bei der Autoversicherung

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