Walther Petri tot

Querneben? Leben!

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Graphiken Walther Petris, seinen Gedichtbänden beigegeben, sind ganz und gar Skizze; das sind Striche, die noch im anscheinend fertigen Zustand auf Suche nach einer endgültigen Kontur sind. Das gibt den gezeichneten Harlekinen, Frauen, Tanzenden, den Müden und Wartenden und Sinnenden etwas Erschöpftes, Heimatloses. Ankunft heißt jene Sehnsucht, die ihnen der Dichter dieser Bildwerke verweigert. Ankunft – er weiß doch selber nicht, was das ist. »Auf unabänderlichen Gründen« hieß eines seiner im Aufbau Verlag erschienenen Bücher, und der unabänderliche Grund meint das Wachstum einer Birke am »Trümmerrand der Synagoge«. Ein Mensch schaut staunend, demütig – selber entwurzelungsbedroht – auf zähe, sanfte Natur: Denn der eigene Grund, jener Boden, auf dem die Existenz des Menschen steht, ist alles andere als unabänderlich. Das Wanken als Grundgefühl. Walther Petri, der Bühnenbildner in Stralsund, der Oberschullehrer in Espenhain, der Lyriker und Filmdokumentarist, war kein selbstgewisser Mensch. Er bat seine Gedichte um Hilfe. Die Gedichte geben ihm, der sie schrieb, einen Stoß: Sei! Und sei immer du, also sag: Ich. Es geschah, und es geschah, dass es andere, die Leser, ein wenig kräftigte.

Die vom Clown abgeschaute Leichtigkeit in doch tiefer Wehmut, die Seinsherzlichkeit, das Augenzwinkern in den Versen Petris hatte Kraft und Grazie. »Für: Leider geht manches querneben/ Sage man einfach: Leben« (so heißt es im Band »Das Geschmeide des Harlekins«). Das sagt sich so einfach, wo es doch das Gegenteil vom Einfachen ist. Es gibt die Schwerkraft, die es ein Dasein lang zur Mühe macht, wirklich zur Welt zu kommen. Also gibt es über solches Dasein – nach überstandenen Niederwürfen, überwundenen Verzweiflungen, besiegten Depressionen – auch dies Wahrhaftige zu sagen: »Jetzt weißt du/deinen Tod und/welche Kraft/um aufzustehn du brauchst/um noch zu leben/bis du lebst«. Vor einer Woche, wie nun bekannt wurde, ist Walther Petri 71-jährig in Berlin gestorben.
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