Nennen wir es mal Willy-Brandt

Lafontaines Hilfskorps

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Oskar Lafontaine hat die Aufstellung einer humanitären Hilfstruppe als Bundeswehr-Ersatz vorgeschlagen, meldete die »Süddeutsche Zeitung« gestern. Eine interessante, wenngleich nicht neue Idee. Schon seit Jahren propagiert Lafontaine Grünhelme für die internationale Katastrophenhilfe. Auf dem NRW-Landesparteitag der LINKEN Mitte September hatte er die Idee mit dem Zusatz versehen: »Ich schlage vor, es ?Willy-Brand-Korps? zu nennen.«

LINKEN-Chef Klaus Ernst hat sich laut »Süddeutscher« positiv geäußert: »Der Name ist genau richtig.« Und genau darüber sollte man - so wie über Auftrag, Auffüllung, Ausstattung und Unterstellung des Korps - mal nachdenken.

Lafontaine wie Ernst betonen Brandts Grundprinzip, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe. Unbestritten sind Brandts große Verdienste beim Entspannen des Kalten Krieges, das Leute wie Egon Bahr und andere strategisch planten und mit Gleichgesinnten auf der anderen Seite der Ost-West-Grenze aushandelten. Und sicher ist, dass Brandts politischer Enkel Lafontaine auch in dieser Frage im Banne des großen Sozialdemokraten steht. So ist dessen Frust über die »Menschenrechtsbellizisten« in SPD und bei den Grünen absolut verständlich. Recht hat er, wenn er fordert: »Die Milliarden, die bisher für Kriege ausgegeben werden, wollen wir für Hilfe bei der Bewältigung internationaler Krisen und Katastrophen einsetzen.«

Brandt amtierte als Außenminister und Kanzler zwischen 1966 und 1974. Dass die alte Bundesrepublik - wie die DDR, das soll nicht vergessen sein - an keinen Kriegen direkt teilgenommen haben, erklärt sich nicht nur aus Brandts Friedenswillen, sondern vor allem aus ihrer (nicht souveränen) Einbindung in Blöcke.

Wohl aber feuerten beide Länder Krisen, Kriege und Diktatoren in aller Welt an. Durch Ausbildung und Rüstungslieferungen, denen Brandt als Mitglied und Chef des Bundessicherheitsrates zugestimmt hat. Beileibe nicht nur der chilenische Sozialist Allende bekam so westdeutsche Sturmgewehre. Neben Israel sind waren arme Staaten der Dritten Welt Bonns beste Kunden.

Mit Brandts Namen ist das wie mit jedem anderen Erbe auch: Alles oder nichts.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!