Team Sellering steht

Brodkorb übernimmt Bildungsressort, Schwesig wird Superministerin für Soziales und Arbeit

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Mittwochabend wurden die Grundzüge der nächsten rot-schwarzen Landesregierung im Nordosten bekannt. Das mutmaßliche Personaltableau enthält immerhin eine große Überraschung. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat für die wichtigsten Ressorts allerdings bereits enge Vorgaben gemacht.

Geschenke haben die Koalitionäre in Schwerin wahrlich nicht verteilt, als sie am Mittwochabend die Eckpunkte des Koalitionsvertrages für die nächsten fünf Jahre erklärten. Landesseitig soll als oberstes Gebot bei der Verschuldung weiterhin die Null stehen, die Kommunen, die im Nordosten vom Land nicht nach ihren tatsächlichen Aufgaben bezuschusst werden, sondern nach ihrer Kassenlage, bleiben mit ihren teils hoch defizitären Haushalten allein - und werden um das Streichen weiterer »freiwilliger Leistungen«, meist in der Jugend- und in der soziokulturellen Arbeit, kaum herumkommen.

Die Haltung der Landesregierung gegenüber den Theatern und Orchestern ist ein Sinnbild dieser Politik: Diese bekommen weder dauerhaft mehr Mittel noch kurzfristige Hilfen. Nur, wenn die Insolvenz ganz akut droht, so der bisherige CDU-Fraktionschef Harry Glawe, könnte das Land vielleicht ein Händchen reichen - allerdings auch nur dann, wenn die jeweilige Bühne »zukunftsfähig« aufgestellt sei, also zu weiteren Fusionen, Kürzungen und ähnlichen »Synergien« bereit sei.

Glawe, ein gelernter Krankenpfleger aus Greifswald, der schon seit 1994 im Landtag sitzt, hat in Zukunft mehr zu sagen in der Regierung. Er wird dem früheren CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Seidel als Wirtschaftsminister folgen - und hat der »Wirtschaft« im Land einen eigentlich radikalen Kurswechsel seiner Partei zu erklären: Mecklenburg-Vorpommern will das gerade erst beschlossene Vergabegesetz für öffentliche Aufträge novellieren und einen vergabespezifischen Mindestlohn von 8,50 Euro hineinschreiben, wogegen die CDU noch im Wahlkampf Front gemacht hatte.

Das Superministerium

Bis heute lassen sich im Internet zahlreiche Videoclips mit Glawe finden, in denen er staatliche Interventionen bei den Löhnen kategorisch zurückweist. Auch bei der Vergabe von Landesfördermitteln soll in Zukunft mehr auf »auskömmliche« Löhne geachtet werden. »Gerechtigkeit« war eines der großen Schlagworte im SPD-Wahlkampf - jetzt klingt es ein wenig anders: Die »Stärkung der Wirtschaft« sei bis 2016 das Ziel, so Sellering.

Zuständig ist Glawe für solche Fragen künftig allerdings nicht mehr allein, denn das Thema Arbeit wird im Land künftig der weiter amtierenden Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) zugeordnet. Sellering hat sich auch dazu bereits erklärt: Das Land wolle »an die Spitze« in Sachen Gleichberechtigung im Arbeitsleben. Damit steht Schwesig nun nicht nur einem »Superministerium« vor, das weite Teile des alltäglichen Lebens der Bürger abdeckt, sondern nach ihren jüngsten Angriffen auf Bundesministerin Kristina Schröder (CDU) auch in der Pflicht, es spürbar besser zu machen. Zugleich wird indes das Amt der Parlamentarischen Staatssekretärin für Gleichstellung abgeschafft; Margret Seemann (SPD) ist künftig nur noch Abgeordnete.

Oppositionsführer Helmut Holter (LINKE) kritisierte dies als »Schlag ins Gesicht« all derer, die sich in Zusammenarbeit mit der Staatssekretärin bislang für mehr Gleichstellung engagiert hätten. Ansonsten erfordert die Arbeitsmarktpolitik im Nordosten aber auch weiterhin keine besonderen Steuerungsleistungen: Man verlässt sich weitgehend auf den Markt; eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die Langzeitarbeitslose in Beschäftigung brächte, ist nicht vorgesehen.

SPD mit mehr Gewicht

Innerhalb des Teams Sellering verschiebt sich das Gewicht in Richtung der SPD, die statt wie bisher vier nun fünf der acht Ministerien besetzt. Das Bildungsministerium geht wohl an den 34-jährigen bisherigen Landtagsabgeordneten Matthias Brodkorb aus Rostock, der neben Glawe damit der zweite Kabinettsneuling wird. Obwohl die SPD auch im Nordosten für längeres gemeinsames Lernen eintritt, wird es zumindest in der kommenden Regierungsperiode keine substanziellen Schritte in diese Richtung geben - das hat Sellering schon vorab angekündigt.

Ansonsten scheinen die Minister Volker Schlotmann (SPD, Verkehr), Till Backhaus (SPD, Landwirtschaft), Manuela Schwesig (SPD, Soziales), Heike Polzin (Finanzen) sowie Lorenz Caffier (CDU, Inneres) weiterzumachen. Offenbar sogar die CDU-Justizministerin Uta-Maria Kuder, die als Landratskandidatin in Greifswald-Vorpommern der Linkspolitikerin Barbara Syrbe unterlegen war - was ihre in der Stichwahl von der SPD gestützte Kandidatur im Osten des Landes im Nachhinein in ein deutliches Licht rückt.

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