Steilvorlage für Euroskeptiker
Die CDU stellt europapolitischen Leitantrag für den Bundesparteitag in Leipzig vor
Der CDU-Bundesvorstand will die Europäische Union verändern. Gestern stellte Generalsekretär Hermann Gröhe einen Leitantrag für den Bundesparteitag der Konservativen im November in Leipzig vor. Künftig soll gegen Euroländer, die gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoßen, Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht werden können. Sollte ein Land seine Schulden nicht zurückzahlen können, müsse ihm ein EU-Sparkommissar an die Seite gestellt werden, der den Einsatz der staatlichen Gelder sowie die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen überwacht.
Für die Pläne ist eine Änderung der europäischen Verträge notwendig. Die CDU will, dass schnell ein »EU-Konvent mit einem klar definierten Mandat« einberufen wird, um eine Änderung der EU-Verträge vorzunehmen.
Sollte die CDU ihre Vorstellungen in der EU durchsetzen, würde die haushaltspolitische Souveränität der Eurostaaten weiter eingeschränkt. Diese würden noch stärker unter Druck stehen, sich auch in Phasen des konjunkturellen Abschwungs dem neoliberalen Diktat des Stabilitäts- und Wachstumspaktes unterzuordnen. Dieser schreibt unter anderem eine Begrenzung der Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor.
Die Konservativen behaupten, dass ihr Leitantrag dem Zusammenwachsen Europas dient. »Wir positionieren uns damit als die deutsche Europapartei«, sagte Gröhe. Allerdings ist zu befürchten, dass genau das Gegenteil eintritt. Die Forderungen der CDU könnten sich nämlich als Steilvorlage für Populisten und Euroskeptiker in vielen Ländern Europas erweisen, die vor einer Abgabe nationalstaatlicher Souveränität warnen und den Austritt ihres Landes aus der EU fordern.
Der Antrag, der den Titel »Starkes Europa - Gute Zukunft für Deutschland« trägt, sieht zudem vor, dass der Präsident der EU-Kommission künftig von den Bürgern direkt gewählt wird. Außerdem soll es in Zukunft ein »Zwei-Kammer-System« geben, mit dem Europäischen Parlament als direkt gewählter Kammer und dem Ministerrat als Vertretung der EU-Mitgliedsstaaten. Die Pläne zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer würden weiter vorangetrieben, so Gröhe.
Auch die FDP war gestern bemüht, sich als proeuropäische Partei darzustellen. Bei einer Klausursitzung hatte sich der Bundesvorstand auf einen Gegenantrag für den Mitgliederentscheid über den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM geeinigt. Parteichef Philipp Rösler sprach sich dafür aus, Hilfen für kriselnde Staaten nur bereit zu stellen, wenn diese absolut notwendig seien und es Gegenleistungen gebe. Rösler sagte, die deutsche Haftungsobergrenze beim Rettungsfonds EFSF dürfe nicht erhöht werden. Auch eine Banklizenz für den EFSF sei tabu. Dagegen solle ein Insolvenzverfahren für verschuldete Staaten möglich sein.
Bis auf Frank Schäffler, der parteiintern als einer der schärfsten Kritiker des ESM gilt und sich bei der Abstimmung enthielt, stimmte der gesamte Vorstand für den Antrag.
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