Die Zinsen für Immobilienkredite sind so niedrig wie noch nie, aber ...
Baugeld
Hypothekenkredit ist ein wichtiger Baustein
Verantwortlich für den Zinsverfall ist vor allem die europäische Schuldenkrise. Denn wegen der Unsicherheiten auf den Finanzmärkten fliehen viele internationale Investoren in sichere Bundesanleihen, und diese hohe Nachfrage drückt die Renditen der Bonds - zuletzt lagen sie unter zwei Prozent Zinsen. Da sich die Banken beim Baugeld an der Zinsentwicklung öffentlicher Anleihen orientieren, sinken dadurch auch die Zinsen für Baugeld. Die Zeiten für Bauherren sind also rosig - und sie könnten auch noch etwas andauern.
Potenzielle Häuslebauer und Hauskäufer sollten jedenfalls nichts überstürzen. Der Kauf oder Bau einer Immobilie muss wohlüberlegt sein. Niemand solle sich ein Haus kaufen, nur weil die Zinsen niedrig sind, warnt der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Zur sorgfältigen Abwägung des Für und Wider gehört aber auch, darüber nachzudenken, ob man die günstige Zinsphase nutzen will.
Wenn es um die Finanzierung der eigenen vier Wände geht, führt meistens kein Weg an einem Hypothekenkredit vorbei. Wegen der hohen Tilgungsbelastung kommen Bausparverträge oft nur für eine Teilfinanzierung infrage, und auch Lebensversicherungsverträge haben für Häuslebauer oft (zu viele) Schattenseiten. Das Hypothekendarlehen ist daher für die meisten Immobilienfinanzierungen ein unverzichtbarer Baustein.
Anders als beim »unbesicherten« Darlehen muss für diesen Extrakredit ein Pfand gestellt werden. Beim unbesicherten Darlehen, wie beispielsweise einem Ratenkredit für die neue Wohnzimmereinrichtung, bürgen sie gewissermaßen mit ihrem guten Namen für die Rückzahlung der Schulden an das Geldinstitut.
Bei einem meist viel höheren Hypothekendarlehen reicht dies der Bank aber nicht aus. Sie fordert eine handfeste Sicherheit: das Grundpfandrecht auf eine oder mehrere Immobilien. Im schlimmsten Fall, wenn Sie den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht mehr nachkommen, kann die Bank ihr Haus - im Juristendeutsch - »verwerten«. Im Regelfall wird das Kreditinstitut eine Zwangsversteigerung durchführen und versuchen, mit dem erlösten Geld das Hypothekendarlehen zu tilgen.
82 000 Versteigerungen allein im Jahr 2010
Ein solcher Notfall ist nicht so selten: 2010 wurden in deutschen Amtsgerichten über 82 000 Zwangsversteigerungen mit einem Verkehrswert von über 13,6 Milliarden Euro anberaumt. Diese erschreckenden Zahlen sind für Bauherren eine Warnung, keinen Vertrag voreilig abzuschließen, egal wie »billig« der Kredit zunächst erscheint! Trotz Niedrigzinsen muss man sich den Kauf der eigenen vier Wände auch leisten können, und zwar nachhaltig, über Jahrzehnte.
Der faktische Zwang zum zusätzlichen Hypothekendarlehen - neben dem Bausparvertrag - muss für den Häuslebauer allerdings kein Nachteil sein. Durch die hohe Sicherheit dank der Hypothek (lat. »Unterpfand«) ist das Risiko für die Bank gering und das zahlt sich wiederum für den Kunden im vergleichsweise niedrigen Zinssatz aus.
Hypothekenkredite werden von nahezu alle Banken, Bausparkassen und Lebensversicherungsgesellschaften vergeben. Das Angebot wird noch umfangreicher durch Online-Anbieter und Discount-Vermittler. Diese nutzen Internet und Telefon, sparen an teuren Beratern und finanzieren nur Kunden mit geringem Ausfallrisiko. Darum können diese Firmen Baufinanzierungen oft günstiger verkaufen als die traditionellen Anbieter, deren Produkte sie im Regelfall vertreiben.
Der Vertragsabschluss über einen Online-Vermittler wie Magral oder Interhyp kann dem Hausbauer oder Käufer einer Eigentumswohnung so unterm Strich eine fünfstellige Ersparnis einbringen. »Wer auf den persönlichen Kontakt zum Berater verzichtet, wird mit günstigen Konditionen belohnt«, fasst ein Verbraucherschützer Vor- und Nachteile des Internetkaufs zusammen.
Trotz des verwirrenden Dschungels an Konditionen auf dem Markt für Baufinanzierungen haben Sie eine Chance, den Instituten auf den Zahn zu fühlen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der »effektive Jahreszins«, der Preis für den Kredit. Dazu kommen allerdings noch diverse Nebenkosten.
Holen Sie also mehrere Angebote ein. Guten Rat gibt es - gegen Gebühr - auch bei der Verbraucherzentrale vor Ort, und die Stiftung Warentest bietet im Internet einen Baugeldrechner an, mit dem sie sich schnell einen ersten Überblick verschaffen können.
So niedrig die Zinsen aktuell sind, mittelfristig erwarten Volkswirte wieder steigende Zinssätze. Die sich abzeichnende Inflation dürfte die Europäische Zentralbank während des nächsten Konjunkturaufschwungs mit steigenden Leitzinsen bekämpfen. Und damit würde auch das Baugeld wieder deutlich teurer.
Beim Angebotsvergleich »Zinsbindungsfrist« beachten
Ein weiterer zentraler Punkt ist daher beim Angebotsvergleich die »Zinsbindungsfrist«. Wie lange Sie den aktuellen Marktzins festschreiben, ob zwei Jahre oder zwanzig, bestimmen letztlich Sie selbst. Angesichts der heute immer noch recht niedrigen Zinssätze macht es durchaus Sinn, sich die aktuellen Niedrigzinsen für mehrere Jahre zu sichern. »Die niedrigen Zinsen sprechen für einen langen Zinsbindungszeitraum«, empfiehlt die Verbraucherzentrale Hamburg. Das können zehn, aber auch zwanzig Jahre sein.
Der Haken dabei: Je länger die Zinsbindungsfrist, desto höher wird der Zinssatz, den die Bank als Aufschlag für eine längere Laufzeit kassiert. Allerdings gibt es im Regelfall ein einseitiges Kündigungsrecht nach zehn Jahren für den Kreditnehmer. Falls die Zinsen dann noch niedriger sind als heute.
HERMANNUS PFEIFFER
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