Heimlich in der Nacht

Kommentar von Roland Etzel

  • Lesedauer: 2 Min.

Sie müssen schon ein verdammt schlechtes Gewissen haben, die Revolutionäre von Bengasi. Den Leichnam Gaddafis haben sie bei Nacht heimlich in der Wüste zu verbuddelt, obwohl sie sich noch einen Tag vorher das Versprechen abringen ließen, ihn seiner Familie im Exil zu übergeben. Die vom Ausland geforderte Obduktion ließen sie angeblich vornehmen, um nun aber jegliche Überprüfung unmöglich zu machen. Doch augenscheinlich bereitet solcherart lockerer Umgang mit Recht und Wahrhaftigkeit dem Übergangsrat, der neuen Herrschaft in Libyen, weniger Probleme als ihren Mentoren im Westen.

Der neue erste Mann Libyens, Abdul Dschalil, war bis 21. Februar Justizminister Gaddafis. Die Frage wird täglich interessanter, für oder gegen wen der beiden das eigentlich spricht. Was Dschalil jetzt getan hat, ist allerdings eine eklatante intellektuelle Fehlleistung. Den toten Gaddafi aus Angst vor dessen Glorifizierung zu malträtieren, stellt jenen nun um so sicherer als Märtyrer an die Seite seines einst von den italienischen Faschisten ermordeten Vorbildes Omar Muchtar.

Auch die Erschießung Gefangener hat Dschalil nicht verhindert. Ohne Zweifel pflasterten Gaddafis 40-jährige Wegstrecke an der Macht nicht wenige Untaten. Das werfen ihm seine Nachfolger, obwohl teilweise zum Machtapparat gehörig, mit einiger Berechtigung vor. Jedoch stehen sie vom ersten Tage ihres Machtantritts in seinen Fußstapfen. Der Übergangsrat musste sich darob einige Schelte aus Westeuropa gefallen lassen. Das Echo darauf aus Libyen lässt vermuten, dass man dort auf das Image sauberer Helden nun verzichten zu können glaubt.

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