Am Hebel

Standpunkt von Kurt Stenger

  • Lesedauer: 1 Min.

Die Bundestagsabstimmung über die neuerlichen Neuerungen beim Euro-Rettungsschirm war kaum mehr als ein pseudodemokratisches Deckmäntelchen. Und zwar nicht deshalb, weil so mancher Abgeordneter nicht mehr versteht, worüber er abstimmt - da sieht es in anderen Politikbereichen kaum besser aus. Das Kernproblem liegt woanders: Entscheidungen werden seit Beginn der Krise zunehmend von Finanzministern und Regierungschefs getroffen, meist binnen weniger Stunden auf Krisentreffen. Wie sie zustande kommen, ist völlig intransparent: Haben die kleinen Länder überhaupt noch was zu sagen? Drängt das deutsch-französische Duo die Partner an den Rand? Zieht Merkel längst auch Sarkozy über den Tisch? Hinterher müssen die nationalen Parlamente ruck-zuck die Beschlüsse absegnen, auch um die eigene Regierung nicht zu blamieren.

Es ist paradox: Die allmähliche Europäisierung bei der Schuldenhaftung und in der Finanzpolitik geht mit einer Renationalisierung einher - wobei einige Regierungen, allen voran Deutschland, den Ton vorgeben. Das einzige demokratische Korrektiv im jetzigen Rettungsschlamassel könnte neben den protestierenden Bürgern in den Bankenmeilen vielleicht noch das - ins Krisenmanagement bisher kaum einbezogene - Europaparlament sein. Denn jenseits finanztechnischer Fragen von Hebeln und Zweckgesellschaften geht es um weit mehr: um Weichenstellungen für den Euroraum insgesamt, der zu einer Art Zwangsspargemeinschaft umgekrempelt wird. Wer sitzt hier am Hebel?

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