Daniel Ortega kann durchregieren
Nicaraguanischer Präsident im ersten Wahlgang bestätigt / Sandinisten erringen Parlamentsmehrheit
Bereits Stunden vor der Veröffentlichung der ersten Resultate waren Tausende, vor allem junge Menschen auf die Plaza de la Victoria in der Hauptstadt Nicaraguas, Managua, geströmt. Nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse feierten sie das, was nach einem Erdrutschsieg der Sandinisten aussieht. Dabei hatten Meinungsumfragen ihnen noch vor wenigen Tagen nur einen Wahlsieg zweiter Klasse vorhergesagt. Weniger als 50 Prozent der Stimmen prognostizierten die Institute für Daniel Ortega. Auch 40 Prozent hätten zwar nach nicaraguanischem Wahlrecht für einen Sieg im ersten Wahlgang gereicht, unumstritten wäre der alte und neue Präsident damit allerdings nicht gewesen. Nun deutet alles auf einen haushohen Sieg hin. Laut offiziellem Zwischenergebnis vom Montagmittag nach Auszählung von einem Drittel der Wahlbezirke kam Ortega auf 64 Prozent der Stimmen - wenn denn alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Die Wahlbeobachter der EU und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprachen von einer Wahl, die weitgehend ohne Zwischenfälle verlief. Luis Yañez, Chef der EU-Mission, stellte Ruhe und eine hohe Wahlbeteiligung fest. Doch der Wahlprozess sei auch von »Intransparenzen und Fallstricken« geprägt gewesen. Kritik äußerte auch der OAS-Missionsleiter, der Argentinier Dante Caputo. Bei einem Fünftel der aufgesuchten Wahllokale sei der Mission der Zugang verwehrt worden. Die OAS habe zwar keine Unregelmäßigkeiten feststellen können, ihre Arbeit sei jedoch erheblich behindert worden.
Lokale Organisationen wie Ethik und Transparenz (EyT) und das Institut für die Demokratie charakterisierten die Wahlen dagegen als »weder fair noch glaubwürdig«. In 20 Prozent der kontrollierten Wahllokale seien keine Mitglieder der Oppositionsallianz PLI-UNE des konservativ-liberalen Kandidaten Fabio Gadea im Wahlvorstand vertreten gewesen. Auf ganz Nicaragua hochgerechnet, stünden daher eine halbe Million Stimmen unter Manipulationsverdacht, erklärte Roberto A. Courtney von EyT.
Am Abend vor der Wahl, die von rund 13 000 Polizisten gesichert wurde, war es im Norden des Landes zu Ausschreitungen gekommen, da die Wahlzettel verspätet eintrafen. Zudem kursierten Meldungen, dass die PLI-UNE eine Wahl Ortegas nicht anerkennen würde.
Die Opposition hatte Ortega im Wahlkampf Populismus gegenüber den Armen und Anbiederung gegenüber dem Unternehmertum vorgeworfen. Nun ist zu konstatieren, dass die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) ihren Zuspruch in jüngeren und ärmeren Bevölkerungsteilen ausgebaut hat und die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre günstig für die Regierung verlief. Dagegen hatten die liberalen Oppositionsparteien offenbar wenig Überzeugendes zu bieten.
Bei den Parlamentswahlen zeichnen sich ähnliche Ergebnisse wie bei der Präsidentschaftswahl ab. Auf über 60 Prozent könnte die FSLN kommen und damit erstmals die Mehrheit im Parlament erlangen. Die PLI käme auf 26 Prozent, die Liberal-Konservative Partei des ehemaligen Präsidenten Arnoldo Alemán nur auf sieben Prozent der Sitze.
Nach der nicaraguanischen Verfassung hätte Ortega nicht zu diesen Wahlen antreten dürfen, weil er bereits zwei Amtszeiten in Folge regiert hat. Das von den Sandinisten kontrollierte Verfassungsgericht hatte ihm aber die neuerliche Kandidatur erlaubt. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen und die internationalen Wahlbeobachter in ihrem Abschlussbericht keine massiven Unregelmäßigkeiten feststellen, dürfte Daniel Ortega dieses überwältigende Wahlergebnis auch als Abstimmung über die Rechtmäßigkeit seiner Kandidatur empfinden. Mit einer deutlichen Parlamentsmehrheit im Rücken wird die Macht Ortegas und der FSLN nun so groß sein wie noch nie seit dem Ende der ersten sandinistischen Ära im Jahr 1990.
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