Nach allen Regeln der Kunst
Kaum noch Hoffnung in der Türkei nach dem 0:3 gegen Kroatien
Das Debakel gegen Kroatien hat die Türkei in ein Tal der Tränen stürzen lassen: »Auf Wiedersehen Europa«, titelte »Sabah« am Sonnabend, nachdem die Nationalmannschaft beim 0:3 (0:2) im Relegations-Hinspiel zur EM 2012 in Polen und der Ukraine in Istanbul nahezu alle Chancen auf die Turnierteilnahme verspielt hatte.
Einig waren sich die Medien, dass Cheftrainer Guus Hiddink vor dem Aus steht. »Wir sind am Ende, und Hiddink auch«, schrieb »Milliyet« und berief sich auf Quellen innerhalb des türkischen Fußballverbandes. Angeblich soll der Coach sogar ohne Abfindung entlassen werden können, wenn er nicht von sich aus zurücktritt.
Die Zuschauer in Istanbul hatten schon während des Spiels lautstark »Hiddink raus« skandiert, die türkischen Spieler konnten nur mühsam die enttäuschten Anhänger beruhigen. Dem 65-jährigen Niederländer Hiddink bleibt nur das Prinzip Hoffnung im Rückspiel am Dienstag in Zagreb. »Vielleicht gelingt uns ein Houdini-Akt«, hofft der renommierte Fußballlehrer. Ob allerdings ein Entfesselungstrick hilft, nachdem sein Team nach allen Regeln der Kunst von den kroatischen Spielern auseinandergenommen wurde, darf bezweifelt werden.
»Das Spiel gegen Kroatien war ein Schlag ins Gesicht«, schrieb das Internetportal »Habertürk«. Hiddink wurde von einigen Zeitungskommentatoren sogar vorgeworfen, er habe die Aufgabe in der Türkei auf die leichte Schulter und nicht richtig ernst genommen.
Die Türkei war im Heimspiel von allen guten Geistern verlassen. Symptomatisch die Schwalbe von Hamit Altintop, um einen Foulelfmeter zu schinden. Wie vom Blitz getroffen sank der Real-Madrid-Profi zu Boden, obwohl er nicht einmal von einem Gegenspieler berührt worden war.
»Das Spiel war nach zwei Minuten entschieden«, konstatierte Hiddink, »es ist normalerweise vorbei, aber ich werde einige neue Spieler bringen. Wir werden für unsere Ehre spielen.« In Arda Turan, Sabri Sarioglu, Emre Belözoglu und Hakan Balta fehlen den Türken im Rückspiel allerdings vier Stammspieler wegen Sperren.
Die Matchwinner für die Kroaten waren in Istanbul die Bundesliga-Profis Ivica Olic (Bayern München/2.) und Mario Mandzukic (VfL Wolfsburg/32.), die frühzeitig für die Vorentscheidung gesorgt hatten. Sechs Minuten nach Wiederanpfiff besorgte Vedran Corluka den Endstand. »Das ist ein fantastisches Resultat, aber wir haben erst Halbzeit und es ist noch nicht vorbei. Wir müssen konzentriert bleiben«, warnte Kroatiens Trainer Slaven Bilic dennoch.
Türkei: Demirel - Gönül (46. Töre), Kacar, Korkmaz, Balta - Inan (69. Topal), Hamit Altintop, Belözoglu, Sarioglu, Turan - Yilmaz (81. Bulut).
Kroatien: Pletikosa - Vida, Schildenfeld, Simunic, Corluka - Dujmovic, Srna, Rakitic (83. Pranjic), Modric - Mandzukic (90. Eduardo), Olic (86. Jelavic).
Tore: 0:1 Olic (2.), 0:2 Mandzukic (32.), 0:3 Corluka (51.). Schiedsrichter: Brych (Deutschland). Zuschauer: 50 000.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.