Der griechische Reichtum
Verhandlungen über ein Steuerabkommen mit der Schweiz
Beim gebunkerten Schwarzgeld will die Schweiz Griechenland entgegenkommen. Viele reiche Griechen schaffen seit Langem ihr Geld ins Ausland, um Steuern zu sparen oder wegen der Finanzturbulenzen zu Hause auf Nummer sicher zu gehen. Seit Ausbruch der Schuldenkrise hat die Kapitalflucht noch zugenommen. Laut griechischer Zentralbank sollen seit Anfang 2010 umgerechnet etwa 35 Milliarden Euro abgeflossen sein. Zu den beliebtesten Verstecken weltweit gehört auch bei Griechen die Frankenfestung. Ein Steuerabkommen soll Athen nun einen Anteil an diesem reichen Reichtum sichern. Als Vorbild gilt dabei ausgerechnet das umstrittene Abkommen der Schweiz mit Deutschland.
Nun soll es die vermögenden Griechen treffen, die bislang von harten Sparmaßnahmen weitgehend verschont blieben. Seit Ende Oktober führen die Schweiz und Griechenland auf Staatssekretärsebene Steuergespräche. Dabei geht es sowohl um Alt-Vermögen griechischer Steuerpflichtiger als auch um eine Quellensteuer auf künftige Kapitaleinkünfte. »Die Steuererträge würden von der Schweiz auf anonymer Basis an die griechischen Behörden überwiesen«, schlägt das schweizerische Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) vor. In Berner Regierungskreisen halte man eine schnelle Einigung »in wenigen Monaten« für möglich, sagte ein Sprecher des SIF auf Anfrage, da man sich an den Abkommen mit Großbritannien und Deutschland orientieren könne.
Im September war nach langen Auseinandersetzungen das Steuerabkommen zwischen Berlin und Bern unterzeichnet worden. Es regelt den Umgang mit Schwarzgeldern, die Bundesbürger seit Jahren auf Schweizer Bankkonten unversteuert liegen haben. Die Geldinstitute in der Alpenrepublik sollen auf solche Vermögen immerhin eine Pauschalsteuer zwischen 19 und 34 Prozent erheben und an den deutschen Fiskus überweisen; im Gegenzug dürfen die Kontoinhaber mit Straffreiheit rechnen. Das Abkommen soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Zukünftig werden dann neue Erträge deutscher Anleger in der Schweiz mit einer niedrigen Quellensteuer wie in Deutschland belegt. Und alle Zahlungen sollen anonym bleiben. Doch inzwischen erwägt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) offenbar, das Steuerabkommen nachzuverhandeln, um eine Einigung mit den SPD-geführten Bundesländern zu erreichen. Die drohen damit, den Vertrag scheitern zu lassen. Die Schweizer Behörden lehnen indes Nachverhandlungen ab.
Ein entsprechendes Abkommen könnte maßgeblich zur Rettung Griechenlands beitragen, hofft man in Athen. Schätzungen über die Summe des griechischen Vermögens in der Schweiz gehen allerdings weit auseinander: Der deutsche SPD-Europapolitiker Martin Schulz rechnet mit 200 Milliarden Euro. Im Berner Finanzministerium hält man solche Zahlen für »weit übertrieben«, entsprechen sie doch dem griechischen Bruttoinlandsprodukt. Eine Schweizer Versicherung schätzt das griechische Fluchtkapital auf etwa 30 Milliarden Euro.
Nichts Genaues weiß man auch in Athen nicht. Giorgos Papakonstantinou, Finanzminister und danach Umweltminister in der zurückgetretenen Regierung Papandreou, stocherte gegenüber Schweizer Medien im Nebel: »Wir wissen es nicht, aber es ist viel Geld.« Das Abkommen könne aber für dringend benötigte Steuereinnahmen sorgen: »Wir reden von Milliarden, vielleicht von mehr als zehn Milliarden.« Realistischer erscheint allerdings ein kleiner einstelliger Milliardenbetrag. Das Abkommen zwischen Griechenland und der Schweiz dürfte frühestens 2013 in Kraft treten.
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