Gerichte uneins beim Lohnnachschlag

Leiharbeit

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Der Anspruch für Leiharbeiter auf einen Lohnnachschlag wegen unwirksamer Tarifverträge ist nach konträren Gerichtsentscheidungen weiter unklar, wie die Urteile der Landesarbeitsgerichte (LAG) Berlin-Brandenburg und Sachsen sowie des Arbeitsgerichts (AG) Lübeck verdeutlichen (siehe auch nd-Ratgeber vom 26. Oktober 2011).

So hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in Berlin in einem am 20. September verkündeten Urteil einer zu gering bezahlten Leiharbeiterin den gleichen Lohn zugesprochen, wie ihn die Stammbelegschaft des Betriebs erhalten hat. Das Sächsische LAG in Chemnitz hatte dagegen in einer Entscheidung vom 23. August die Verfallsfristen für Lohnnachforderungen rigider ausgelegt als die Berliner Richter. Hier ging ein Leiharbeiter leer aus.

Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. Dezember 2010 (Az. 1 ABR 19/10). Die Erfurter Richter hatten darin die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften dafür Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) als »nicht tariffähig« erklärt. Damit durfte und darf die Tarifgemeinschaft keine Tarifverträge abschließen, entsprechende Tarifverträge sind unwirksam. Leiharbeiter, die dennoch nach den oft sehr geringen GZP-Tarifen bezahlt wurden, können sich seither auf das Equal-Pay-Prinzip berufen. Danach steht Leiharbeitern ohne gültigen Tarifvertrag der gleiche Lohn zu wie der Stammbelegschaft. Viele nach den CGZP-Löhnen bezahlte Leiharbeiter haben daher einen Lohnnachschlag gefordert.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann nicht gezahlter Lohn bis zu vier Jahre rückwirkend beim Arbeitgeber eingefordert werden. Werden erst danach entsprechende Forderungen gestellt, sind sie verfallen. Diese gesetzlichen sogenannten Ausschlussfristen können jedoch im Arbeitsvertrag verkürzt werden.

In dem vor dem LAG Berlin verhandelten Fall galt für die Leiharbeiterin gemäß ihrem Arbeitsvertrag eine Frist von drei Monaten, um Lohnnachforderungen geltend machen zu können. Wann diese Frist beginnt, ist jedoch unklar. Das LAG meinte, dass die Frist ab der Entscheidung des BAG im Dezember 2010 wirksam wird. Da die Leiharbeiterin noch innerhalb von drei Monaten nach der Verkündung des BAG-Beschlusses Lohnnachzahlungen einforderte, habe sie die in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarte Frist eingehalten. Ihr stehe eine Nachzahlung zu.

Das Sächsische LAG hatte in seiner Entscheidung dagegen den Beginn der in den Leiharbeitsverträgen enthaltenen Ausschlussfristen spätestens am 7. Dezember 2009 gesehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das LAG Berlin-Brandenburg in einem Musterverfahren die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt (Az. 23 TaBV 1016/09). Beginnen die Ausschlussfristen aber bereits 2009, können viele Leiharbeiter auf keinen Lohnnachschlag mehr hoffen, da sie meist erst auf das zwei Jahre später ergangene BAG-Urteil reagiert haben.

Die Frist benachteilige den klagenden Leiharbeiter nicht unangemessen, entschieden die Chemnitzer Richter. Der Leiharbeiter wäre »ohne weiteres« in der Lage gewesen, schon 2009 seine Lohnnachforderung zu stellen. Sowohl die Chemnitzer als auch die Berliner Richter haben die Revision zum BAG zugelassen.

Doch auch bei aktuellen Tarifverträgen der Christlichen Gewerkschaften droht Ungemach. So hat das Arbeitsgericht Lübeck in einem am 15. März verkündeten und rechtskräftig gewordenen Urteil entschieden, dass bundesweit gängige Verweisungsklauseln in Formulararbeitsverträgen bei Leiharbeitern unwirksam sind. Die CGZP hatte in Erwartung ihrer drohenden Tarifunfähigkeit zusammen mit fünf weiteren christlichen Gewerkschaften - darunter die Christliche Gewerkschaft Metall und die Gesundheitsgewerkschaft medsonet - mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) einen neuen, sogenannten mehrgliedrigen Tarifvertrag geschlossen. Dieser Tarifvertrag sollte quasi fünf Tarifverträge der einzelnen Branchen vereinen.

Auf diesen mehrgliedrigen Tarifvertrag verwiesen nun auch die Formulararbeitsverträge der Leiharbeiter. Die Verweisungsklauseln sind jedoch unwirksam, so die Lübecker Richter. epd/nd

LAG Berlin-Brandenburg, Az. 7 Sa 1318/11; Sächsisches LAG, Az. 1 Sa 322/11; AG Lübeck, Az. 3 Ca 3147/10

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