Terror-Sumpf in Sachsen
Weiterer Unterstützer der Zwickauer Zelle gefasst
André Eminger sei »dringend verdächtig, in zwei Fällen die terroristische Vereinigung ›Nationalsozialistischer Untergrund‹ (NSU) unterstützt zu haben. Zudem besteht gegen ihn der dringende Verdacht der Volksverhetzung und der Beihilfe der Billigung von Straftaten«, heißt es in einer Mitteilung des Generalbundesanwalts. Möglicherweise gemeinsam mit seiner Frau Susann hat er die sogenannte Bekenner-DVD endgefertigt, auf der das Zwickauer Terrortrio - Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos - seine Mordserie dokumentierte. Zwischen 2000 und 2006 waren ihr neun Migranten zum Opfer gefallen. 2007 wurde eine Polizistin in Heilbronn erschossen. Außerdem wird vermutet, die Gruppe habe 2001 und 2004 zwei Sprengstoffanschläge in Köln verübt und so 23 Menschen verletzt.
Gestern durchsuchten die Sicherheitskräfte auch die Wohnung des Verhafteten in Zwickau sowie drei Wohnungen in Dresden und Jena. Eminger, den man im Haus seines gleichgesinnten Bruders in Grabow (Gemeinde Mühlenfließ) aufgriff, hatten die Fahnder schon länger im Visier. Das BKA bescheinigt ihm, dass die DVD »sehr professionell« gemacht sei. In den Trümmern der explodierten Wohnung von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos fand man angeblich Handzettel einer Firma »Aemedig«, die sich auf die digitale Verarbeitung von Videos und Filmen spezialisiert hat. Sie ist dem Verhafteten zuzuordnen. Über den Inhalt einer angeblichen Fortsetzungs-DVD, die beschädigt sein soll, gibt es keine Informationen. Wie andere mutmaßliche Unterstützer stammt der gestern dem Haftrichter in Karlsruhe zugeführte Mann aus Johanngeorgenstadt und war Mitglied der rechtsextremistischen »Brigade Ost«.
Bislang hat das Innenministerium in Dresden behauptet, keine nähere Kenntnis von möglichen rechten Terror-Unterstützerstrukturen zu haben. Nun stellt sich heraus, dass der sächsische Verfassungsschutz kundiger ist. Zu einer Zeit, als die mit Haftbefehl gesuchten Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos in Sachsen abgetaucht waren, gab es angeblich Kontakt zu Mitgliedern der »Brigade Ost«. In der führte das sächsische Landesamt zumindest einen V-Mann. Das geht indirekt aus einer Anfrage der PDS aus dem Jahre 2003 hervor. Die Linksfraktion forderte gestern eine Untersuchungskommission nach Erfurter Vorbild.
Im Blickpunkt der Ermittler steht weiterhin das Jahr 2007. Nach dem Tod der Polizistin brach die Mord-, nicht aber die Banküberfallserie ab. 2007 wurde die DVD hergestellt. 2007 wurde ein hessischer V-Mann-Führer, der sich als möglicher Mitwisser verdächtig gemacht hatte, ins Regierungspräsidium abgeschoben.
Im Februar soll es für die Mordopfer eine Gedenkfeier geben. Dies sagte Bundespräsident Christian Wulff den Hinterbliebenen zu. Seite 6
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