Teurer, aber nicht besser
Der Fahrplanwechsel bei der Deutschen Bahn am 11. Dezember verspricht wenig Gutes
Es gibt nur wenige Verbesserungen im Zugverkehr. So wird es künftig auch werktags Direktverbindungen zwischen Gießen bzw. Marburg und Berlin geben. Auch entlastet ein Intercity die sonntags von Pendlern gern genutzte Verbindung Berlin-Frankfurt am Main-Stuttgart. Von München nach Prag fährt man nun weniger als fünf Stunden - aber nicht mit dem Zug, sondern mit dem Expressbus der Deutschen Bahn.
Auf weitere angekündigte Verbesserungen müssen die Kunden indes noch warten. Erst zu Ostern wird die achtstündige Direktverbindung zwischen Frankfurt und Marseille mit französischen Doppelstock-Hochgeschwindigkeitszügen in Betrieb genommen. Ebenfalls im April wird ein ICE-Zugpaar zwischen Berlin und Passau über Leipzig und Regensburg fahren, allerdings nur am Wochenende. Dagegen entfallen die Intercity-Züge zwischen Luxemburg, Trier und Koblenz. Sie störten nämlich den Taktverkehr der Regionalexpress-Züge ohne schneller zu sein. Dafür müssen Kunden jetzt in Koblenz umsteigen. Bei Verspätungen könnte dies ein Risiko werden.
Dass die Deutsche Bahn sich mit neuen Zugverbindungen zurückhält, liegt am Fahrzeugmangel. Dem Staatskonzern fehlen aufgrund der Inspektionen in kürzeren Intervallen und infolge der Lieferrückstände von Siemens bei neu bestellten Hochgeschwindigkeitszügen insgesamt 18 ICE. Zudem haben die Wagen der Intercitys meist 40 und mehr Einsatzjahre hinter sich. Neue Wagen und Züge sind viel zu spät bestellt worden, auch eine Folge des von der Bundesregierung einst angepeilten Börsengangs der Bahn. Nun muss die DB auf die Auslieferung der Fahrzeuge warten und die Kunden auf das Jahr 2014 vertrösten.
Dass mit dem Fahrplanwechsel nun auch höhere Preise gelten, erscheint daher skurril. Sie steigen um 3,9 Prozent im Fern- und um 2,7 Prozent im Nahverkehr - durchschnittlich. Die Strecke Berlin-Freiburg (Breisgau) wird zum Beispiel um 4,7 Prozent verteuert. Für die Platzreservierung sind jetzt einheitlich vier Euro zu entrichten. Die BahnCard 25 wird in der 2. Klasse um zwei Euro (59 Euro), in der 1. Klasse um fünf Euro (119 Euro) teurer. Die BahnCard 50 kostet zehn Euro bzw. 22 Euro mehr.
Die Erhöhung ist unverständlich, da die Zahlen im Fernverkehr stagnieren. Noch vor einem Jahr hatte die Deutsche Bahn auf eine Fahrpreisanhebung mit dem Hinweis verzichtet, die Qualität des Reiseverkehrs könne dies nicht rechtfertigen. Sie hat sich jedoch seitdem nicht verbessert. Deshalb begründet Ulrich Homburg, Vorstand DB-Personenverkehr, die höheren Fahrpreise jetzt mit »deutlich gestiegenen Personal- und Energiekosten«.
Für Michael Ziesak, Bundesvorsitzender des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland (VCD), ist die Anhebung der Fahrpreise inakzeptabel. »An einem Tag werden Rekordgewinne prophezeit, am nächsten Tag fürchtet die Bahn den schlimmen Winter, dann kauft sie eine ausländische Bahn und steckt ihr Geld in unterirdische Bahnhöfe, und jetzt wird beim Kunden abkassiert. Das passt alles nicht.«
Der VCD hatte im Sommer bundesweit Fahrgäste von Fernverkehrszügen zu Pünktlichkeit, Sauberkeit und Information auf Bahnhöfen sowie während der Zugfahrt befragen lassen. Im Ergebnis gab es lediglich eine Drei, vor allem weil jeder dritte Fernzug verspätet ankommt. Nur das Zugbegleitpersonal wurde mit Gut benotet. Als Fazit der Umfrage fordert der VCD die kontinuierliche Instandhaltung der Züge und Anlagen, robuste Züge sowie ausreichend Reservezüge, um Verspätungen abbauen zu können, Enteisungsanlagen und Weichenheizungen. Dass es auch bei diesen nicht zum Besten steht, kann man der Mitarbeiterzeitung »DB-Welt« entnehmen: Selbst auf der Ost-West-Magistrale wurden keineswegs alle Weichenheizungen erneuert. Da Thermostate fehlen, fällt die Heizung schnell aus.
Wie gewohnt: Die Qualität hinkt den Preisen hinterher.
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