Neue Gewaltwelle trifft Honduras

Ehemaliger Drogenfahnder und Präsidentschaftskandidat Alfredo Landaverde bei Attentat getötet

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 2 Min.
Der frühere Chef der honduranischen Anti-Drogenbehörde und ehemalige Präsidentschaftskandidat Alfredo Landaverde ist ermordet worden. Sein Tod ist ein wohl vorläufiger Höhepunkt der seit dem Putsch 2009 entfachten politischen Gewalt.

Über Honduras rollt eine Welle der Gewalt. Am Mittwochabend erschossen Unbekannte in der Hauptstadt Tegucigalpa den ehemaligen Drogenfahnder und Regierungsberater des 2009 gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya, Alfredo Landaverde. Der 71-jährige Gründer der Christdemokratischen Partei (PDCH) war mit seiner Ehefrau Hilda Caldera im Auto unterwegs, als Maskierte von einem Motorrad herab das Feuer eröffneten. Landaverde wurde tödlich getroffen und starb kurz darauf im Krankenhaus. Seine Frau, eine Soziologin und Nichte des früheren venezolanischen Präsidenten Rafael Caldera, überlebte das Attentat.

Manuel Zelaya, der 2009 durch einen Putsch gestürzte Präsident, verurteilte die Ermordung. Drogenmafia und organisiertes Verbrechen seien »tief in die Schichten des Staates eingedrungen, in alle operativen Mechanismen der Justiz«, sagte Zelaya, dessen Ehefrau Xiomara Castro bei den Präsidentschaftswahlen 2013 für das Bündnis Freiheit und Neugründung (LIBRE) kandidieren will.

Auch Landaverde soll fest entschlossen gewesen sein, für das höchste Staatsamt zu kandidieren. Der Politiker war ein bekanntes Gesicht. Von 1994 bis 1998 Mitglied zweiter Untersuchungskommissionen zur Kontrolle der Polizei, erreichte er die Auflösung der Nationale Ermittlungsdirektion (DIN). Die DIN war eine wegen Geheimdienstaktivitäten, Entführungen, Folter und Verschwindenlassens von Menschenrechtsaktivisten gefürchtete Polizeieinheit. Einen Monat vor seiner Hinrichtung auf offener Straße hatte Landaverde in der Sendung »Von Angesicht zu Angesicht« vom früheren Sicherheitsminister Oscar Álvarez die Herausgabe einer Liste von 25 hochrangigen Polizeibeamten gefordert. Sie unterhielten direkte Verbindungen zur Drogenmafia. Dieselbe Bitte richtete er an den damaligen Chef der Nationalpolizei, General José Luis Muñoz Licona. Auch die jüngst von der Regierung beschlossene Übertragung von Polizeiaufgaben an die Armee per Notstandsdekret hatte Landaverde scharf angegriffen. Die Armee war maßgeblich am Putsch gegen Zelaya 2009 und der anschließenden Verfolgung von Regimegegnern beteiligt. Ende November hatte Putschgeneral Romeo Vásquez seine Kandidatur für 2013 bekannt gegeben.

Der Tod des PDCH-Politikers ist trauriger Höhepunkt der seit dem Putsch entfachten Gewalt, die mit der Ausbreitung der Drogenmafia einhergeht. Die Mafia benutzt das zentralamerikanische Land als Transitweg für Kokain in Richtung USA. »Wenn wir ehrlich sind, müssen wir akzeptieren, dass die politischen Parteien im Kongress infiltriert sind«, hatte Landaverde gewarnt. Neben den Parteien habe sich die organisierte Kriminalität im Parlament, in der Privatwirtschaft, der Polizei, in Ministerien und Behörden eingenistet, schreibt die Zeitung »La Tribuna«, deren Redaktion am Montag von Unbekannten beschossen wurde. Ebenfalls von unbekannten Motorradfahrern war am Dienstag die Journalistin Luz María Paz Villalobos ermordet worden. Die 39-Jährige leitete das bekannte Nachrichtenmagazin »Tres en la noticia«. Zu Putschzeiten war die Reporterin durch ihre »starke und unerschütterliche Kritik« bekannt geworden, erinnerten sich Kollegen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -