Angeblich 130 V-Leute in der NPD

Weiterer bekannter Neonazi als mutmaßlicher Unterstützer der Zwickauer Zelle verhaftet

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
In Sachsen ist ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der Zwickauer Terror-Zelle festgenommen worden. Ein Sondereinsatzkommando des sächsischen Landeskriminalamtes hat ihn an seinem Wohnort im Erzgebirgskreis gefasst.

Irgendwie wird man den Verdacht nicht los, die Ermittler wider den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) lesen alte Zeitungen und organisieren sich dann öffentlichen Beifall für angebliche Ermittlungserfolge. Am Sonntag wurde der 36-jährige Matthias Dienelt als ein mutmaßlicher Unterstützer der sogenannten Zwickauer Zelle gefasst. Deren Mitgliedern Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos (beide tot) und Beate Zschäpe (in U-Haft) sollen zwischen 2000 und 2006 neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie einer Polizistin verübt haben. 1998 waren die als militant bekannten Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes untergetaucht.

Der nun verhaftete mutmaßliche Helfer des Trios stammt aus Johanngeorgenstadt und ist Exponent der »Brigade Ost«. Er hatte offenbar Kontakte zu Holger Gerlach in Niedersachsen, der als ersten mutmaßlicher NSU-Helfer von der Bundesanwaltschaft verhaftet worden war. Dienelt hat vermutlich in Zwickau zwei Wohnungen gemietet, in denen die in die Illegalität abgetauchten Terror-Nazis gelebt haben. Reine Gefälligkeit, meint Dienelts Anwalt. Das alles stand bereits am 25. November in dieser Zeitung. Auch andere Medien berichteten detailliert über die »Brigade Ost«. Wer am Wochenende von den Ermittlern mehr darüber wissen wollte, wurde enttäuscht.

Demnächst darf man - falls die These mit der Behörden-Zeitungsschau stimmt - die Zuführung von André Kapke, Thomas Gerlach und Patrick Wieschke aus Thüringer sowie Mandy Struck und Kay Seidel aus Sachsen erwarten. Auch deren mutmaßliche Verbindung zum NSU wurde bereits seit Wochen medial erörtert. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) hat Struck das Zwickauer Trio nach dessen Untertauchen 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes in Chemnitz einquartiert. Die Frau, so will der »Spiegel« erfahren haben, soll die Vorwürfe bei einer polizeilichen Vernehmung eingeräumt haben.

Der »Tagesspiegel am Sonntag« berichtet zudem, dass auch ein vom Thüringer Verfassungsschutz geführter V-Mann in Verdacht stehe, das Terror-Trio Ende der Neunziger aktiv unterstützt zu haben. Bei dem vom Verfassungsschutz geführten Mann soll es sich um ein führendes Mitglied des sogenannten Thüringer Heimatschutzes gehandelt haben.

Unter Verdacht steht - inzwischen offenbar nicht mehr nur in den Medien - auch Patrick Wieschke aus Eisenach. Er sitzt als »Bundesorganisationsleiter« im Präsidium der NPD und soll die spätere einzige Überlebende des Terror-Trios in der Nacht zum 3. November beherbergt haben. Zu dem Zeitpunkt haben Mundlos und Böhnhardt - gleichfalls in Eisenach - ihren letzten Banküberfall vorbereitet. Wieschke bestreitet, Zschäpes Gastgeber gewesen zu sein.

Laut »Spiegel« haben die verschiedenen Verfassungsschutzämter derzeit mehr als 130 aktive Informanten in der NPD. Und dennoch offenbar kaum Einblick in die Terrorszene. Mehr als zehn V-Leute berichten aus Führungsgremien der rechtsextremistischen Partei. Um ein Verbot der NPD auf den Weg zu bringen, müssten sich die Verfassungsschützer von mehr als 100 V-Leuten trennen.

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich am Freitag auf ein solches Verbot geeinigt, aber keinen konkreten Beschluss für ein neues Verfahren gefasst.

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