Wessen Chancen?
Kommentar von Aert van Riel
Immer wenn es um die Euro-Krisenpolitik geht, setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die gleichen Phrasen. Gestern sagte sie wieder einmal im Bundestag, die Chancen der Krise seien größer als deren Risiken. Angesichts der Tatsache, dass sich die Krise in vielen Staaten verschärft, wie etwa in Griechenland, wo der IWF nun mitteilte, die Rezession sei verheerender als bisher zugegeben, müssen diese Worte in den Ohren von Betroffenen wie blanker Zynismus klingen.
Um wessen Chancen geht es also der Kanzlerin überhaupt? Vorteile aus der Krise haben bisher vor allem die größten Volkswirtschaften Europas - Deutschland und Frankreich - ziehen können. Diese diktieren inzwischen zahlreichen EU-Staaten die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Durch Änderungen in den europäischen Verträgen sollte deren haushaltspolitische Souveränität weiter eingeschränkt werden.
Dieses Vorhaben war allerdings beim Eurogipfel gescheitert. Stattdessen wurde ein neoliberaler »Fiskalpakt« beschlossen. Dieser muss aber nicht von Dauer sein. Sollte der sozialistische Präsidentschaftsanwärter François Hollande die Wahlen im Mai gewinnen, wird Frankreich den Vertrag wohl nicht ratifizieren. Auch die Zukunft der schwarz-gelben Bundesregierung ist aufgrund des desolaten Zustands der FDP ungewiss. Neuwahlen hierzulande wären sicher auch eine Chance für eine gerechtere und demokratischere EU.
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