Polens Linksbund auf EU-Linie
SLD-Chef Miller bietet der Regierung Unterstützung an
In der Europa-Debatte des Parlaments am Donnerstag unterstützte die etablierte Linke voll und ganz den Kurs von Premier Donald Tusk, der zuvor in Brüssel und Straßburg die Maßnahmen zur Rettung des Euros auch für Polens Wirtschaftsentwicklung eindeutig notwendig genannt hatte. Leszek Miller, seit einer Woche auch wieder SLD-Parteivorsitzender, ging sogar noch weiter und erklärte, der Euro, die EU und Europa als Ganzes hätten eine ausschlaggebende Bedeutung für die ganze Welt. Janusz Palikot, Chef der drittstärksten Fraktion im Sejm, übertrumpfte seinen Konkurrenten auf dem linken Flügel des Parlaments mit der Feststellung, ihm sei ein Zusammengehen in einer Europäischen Föderation mit dem sprichwörtlichen Herrn Schmidt lieber als mit dem Nationalisten Jaroslaw Kaczynski. Entrüstet verließen daraufhin alle Abgeordneten der Kaczynski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Saal. Sie betrachten ebenso wie die PiS-Abtrünnigen vom Solidarischen Polen (PS) die Politik von Premier Donald Tusk und Außenminister Radoslaw Sikorski als Verrat an Polens Unabhängigkeit. Die Regierungspolitik sei nichts anderes als Beihilfe zur Entstehung eines »Vierten Reiches«, wetterte eine PiS-Abgeordnete.
Was aber bringt Leszek Millers europapolitische Flucht nach vorn und seine Bereitschaft, der Regierung auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik zur Seite zu stehen, dem SLD ein? Miller, der Polen 2004 als Regierungschef in die EU geführt hatte, damals an der Spitze eines noch mächtigen linken Lagers, wurde nach gescheiterter Wanderung durch zwei andere Parteien vor einem Monat wieder zum Chef der arg verkleinerten SLD-Fraktion gewählt. Prompt verlor die Partei, die bei den Sejmwahlen im Oktober 8,2 Prozent der Stimmen erhalten hatte, in der Wählergunst zwei Prozentpunkte - und zwei weitere in der vergangenen Woche. Die linke Wochenschrift »Preglad« schrieb von einer »Beerdigung auf Raten«. Die Mannschaft schrumpfe, hieß es in einem weiteren Bericht über Parteiaustritte in Warschau und anderen Städten.
Den alt-neuen Partei- und Fraktionschef scheint das nicht zu berühren. In einer von ihm diktierten »programmatischen Erklärung« vom 10. Dezember gibt es eine lange Reihe von Gleichheits- Freiheits- und Gerechtigkeitsforderungen, für deren Erfüllung sich die Partei einsetzen will. Viele Worte über des Menschen Wohlergehen, doch kein Hinweis darauf, wie das SLD zu »kämpfen« gedenkt. Wohl ruft es »zur Sammlung aller linken Kräfte« auf, »denn Polen braucht eine linke Partei«, was ohne Zweifel wahr ist. Die Erklärung endet mit einem Appell an die »Kolleginnen und Kollegen, die das Bündnis aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren verlassen haben: Vergessen wir unseren Streit, kommt zurück!« Doch kaum jemand rührt sich. Es gibt doch Janusz Palikot und dessen Bewegung, die scheint vielen im Moment glaubwürdiger zu sein.
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