Kassandra Lagarde

Kommentar von Dieter Janke

  • Lesedauer: 1 Min.

Manchmal wünscht man sich, Unrecht zu haben. In einem solchen Gemütszustand befindet sich angesichts der globalen Wirtschaftsaussichten offenbar IWF-Chefin Christine Lagarde. Der Ausblick sei »ziemlich düster«, so ihre Diagnose, die sie mit der Situation im Vorfeld der Großen Depression Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vergleicht. Als derzeitiges Epizentrum macht sie zurecht Europa aus, das offenbar weiterhin nicht in der Lage ist, seine kurzsichtig als »Schuldenkrise« deklarierten Probleme in den Griff zu bekommen.

In der Tat sind hier die Parallelen zu den Notverordnungen unter Reichskanzler Heinrich Brüning fatal. Einerseits wurden seinerzeit parlamentarische Strukturen ebenso ausgehebelt, wie das derzeit in Südeuropa erzwungen wird. Andererseits war beziehungsweise ist die als alternativlos deklarierte Devise damals wie heute: Sanierung der öffentlichen Haushalte durch wiederkehrende Sparrunden. Damals bestimmte zudem ein um sich greifender Protektionismus und Isolationismus die internationale Politik. Dies ist eine weitere Gefahr, welche die IWF-Chefin ausgemacht hat. Mit ihrer Wahrnehmung erinnert die Französin Lagarde indes fatal an die tragische Seherin aus der Antike. Auch Kassandras Rufe, mit denen sie vor Trojas Ende warnte, blieben letztend- lich - folgendlos.

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