SAAB schlingert weiter am Abgrund
Restrukturierungsprozess geht weiter / Unklarheiten über chinesische Zahlungen
Die SAAB-Autobauer in Trollhättan müssen weiter mit der Ungewissheit leben, ob ihr Arbeitsplatz erhalten wird oder nicht. Direkt betroffen sind 3500 Beschäftigte, während bei Zulieferbetrieben etwa 7000 bis 8000 Jobs auf dem Spiel stehen. Erwartet wird aber, dass in der Woche vor Weihnachten endgültig geklärt sein wird, ob SAAB überlebt oder nicht.
Anfang des Jahres 2010 übernahm der Holländer Victor Muller, der bis dato die Luxusmarke Spyker geführt hatte, SAAB von General Motors. Von Anfang an waren Beschuldigungen und Gerüchte im Umlauf, dass Swedish Automobile (SWAN), wie sein neues Unternehmen hieß, den Kauf mit russischem Mafiageld finanziert hätte. Spyker allein konnte die hunderte Millionen Euro nicht aufbringen, verkauft das Unternehmen doch nur jährlich etwa 40 Modelle. Die Saab hingegen plante für 2011 mit etwa 80 000 verkauften Autos. Bereits im April waren jedoch die Kassen leer, die Bänder wurden gestoppt und Lieferanten sowie Beschäftigte sahen weder Bezahlung noch Lohn. Um Ruhe vor den Kreditoren zu bekommen, von denen einige, darunter auch zwei Gewerkschaften, den Konkurs begehrt hatten, begab sich SAAB unter gerichtlich verordneten Gläubigerschutz, um in Ruhe an der Restrukturierung arbeiten zu können. Der erste rettende Engel sollte ein russischer Investor sein, den die schwedische Sicherheitspolizei als in Geldwäsche verwickelt ansah.
Muller und sein Zwangsverwalter Guy Lofalk wandten ihren Blick auf den Markt, der am meisten an SAAB-Modellen interessiert ist und kaufstarke Auto- und Firmenkäufer hat: China. Sowohl in Europa als auch in Nordamerika hat SAAB in den letzten Jahren Marktanteile verloren, die zum Niedergang der Marke führten. Ein SAAB ist mehr als nur ein mit einer anderen Marke austauschbares Auto: Die Marke wendet sich an Autoenthusiasten. Doch die Krise hat dieses Kundensegment auf den traditionellen Märkten schrumpfen lassen. In China ist das Interesse dagegen ungebrochen, so dass das Angebot des chinesischen Produzenten Youngman willkommen war, 100 Millionen Euro für SAAB hinblättern zu wollen. Die Produktion sollte fortgesetzt werden sowohl in China wie auch in Schweden, doch nun schritt General Motors ein. Die ehemalige Tochtergesellschaft benutzt weiterhin GM-Technologie und der amerikanische Konzern wünschte keinesfalls einen Technologietransfer nach China, um einen direkten Wettbewerber damit zu unterstützen. Auch wünschte GM keineswegs, dass eine chinesische Bank den Kauf finanzieren sollte.
Die letzten Tage waren turbulent. Zwangsverwalter Lofalk wünschte, von seiner Arbeit entbunden zu werden, da er nicht mehr an den Erfolg glaubt und SWAN gleichzeitig gegen seinen Willen weitere Schulden gemacht hätte. Das Insolvenzgericht in Vänersborg verdonnerte ihn zum weitermachen, da niemand anders dermaßen mit den Details vertraut sei. Leichter wurde die Situation nicht für Lofalk, da die von Youngman angekündigten Überweisungen von etwa 30 Millionen Euro, um die eiligsten Rückstände zu begleichen, nach schwedischen Medienberichten ausblieben. Da GM - zumindest in der Öffentlichkeit - bei seiner Ablehnung blieb, wären die chinesischen Zahlungen zwar willkommen gewesen bei SAAB, aber ohne Sicherheit für den Absender, der ersehnten Übernahme näher gekommen zu sein.
Auch in der schwedischen Öffentlichkeit waren Bedenken geäußert worden, ein Filetstück schwedischer Industrie an einen chinesischen Investor zu verkaufen. Die Furcht vor Technologieverlust mit später folgender Fabriksschließung ist in Schweden weit verbreitet.
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