Merkel schlägt Angebot der Opposition aus
Keine gemeinsame Suche nach neuem Bundespräsidenten / Wulffs Anwalt widerspricht »Bild«
Berlin (AFP/nd). Bundeskanzlerin Angela Merkel will nicht auf das Angebot der Opposition eingehen, gemeinsam einen Nachfolger für Bundespräsident Christian Wulff zu suchen. Merkel sehe keinen Anlass, sich »über einen möglichen Rücktritt des Bundespräsidenten und eine mögliche Nachfolge Gedanken zu machen«, so ihr Sprecher Steffen Seibert am Montag. Er widersprach, dass es eine Absprache der drei Koalitionspartner über das Vorgehen bei einem Rücktritt Wulffs gebe. Seibert dementierte dagegen nicht, dass Beratungen stattgefunden hätten.
Trotz dieser Ablehnung bekräftigte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles das Angebot für die Kandidatensuche. Ein gemeinsamer Kandidat könne dabei durchaus auch CDU-Mitglied sein, sagte Nahles. Sie warf Merkel vor, nur deswegen an Wulff festzuhalten, um ihre »morsche Regierungszusammenarbeit mit der FDP am Leben zu erhalten«.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Wochenende eine überparteiliche Kandidatensuche angeboten. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth sprach sich für ein solches Vorgehen aus, um dem Amt wieder »moralische Autorität« zu geben. LINKEN-Chefin Gesine Lötzsch wertete Gabriels Vorschlag als Vorbote einer neuen Großen Koalition auf Bundesebene. Sie glaube, dass durch das Angebot der SPD »schon die Richtung angezeigt ist, was die SPD nach der Bundestagswahl anstrebt«, sagte die Politikerin.
Wulffs Anwalt Gernot Lehr widersprach derweil Angaben der »Bild«-Zeitung über den Inhalt der telefonischen Intervention des Bundespräsidenten bei Chefredakteur Kai Diekmann Mitte Dezember. Der Präsident habe mit dem Anruf den Bericht über seinen privaten Hauskredit keineswegs verhindern wollen, sagte Lehr im »Deutschlandfunk«. »Er hat versucht zu verschieben.« Die »Bild« sieht in dem Anruf dagegen den Versuch, die Berichterstattung zu unterbinden. Der Bundespräsident habe vielleicht das Verschieben als »Etappe« gesehen, das Verhindern sei aber eindeutig das »Ziel« gewesen, erklärte Vizechefredakteur Nikolaus Blom.
Lehr stellte der »Bild«-Zeitung frei, den auf Diekmanns Mailbox eingegangenen Anruf zu veröffentlichen. Das Präsidialamt habe der Veröffentlichung zwar widersprochen, aber wenn das Blatt ihn veröffentlichen wolle, »dann mag sie es tun«, sagte Lehr. Es sei »nicht richtig, dass hier eine große Angst besteht vor einer Veröffentlichung, aber es ist Angelegenheit der ›Bild‹-Zeitung, diesen Tabubruch zu begehen.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.