Unerwünschte Reklame ist rechtswidrig

Werbesendungen im Briefkasten

  • Lesedauer: 2 Min.
Unerwünschte Werbung im Briefkasten ist rechtswidrig. Das hat das Landgericht in Lüneburg in einem Urteil vom 4. November 2011 (Az. 4 S 44/11) entschieden. Das Urteil könnte für die Werbewirtschaft bundesweit extrem teuer werden, sollte es rechtskräftig werden.

Das Zuschicken von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, urteilte das Landgericht. Erkennbar nicht erwünschte Sendungen seien außerdem eine unzumutbare Belästigung. Im Wiederholungsfall, so das Gericht, droht der Post oder ihren gesetzlichen Vertretern nun ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.

Geklagt hatte ein Rechtsanwalt aus Lüneburg gegen die Deutsche Post DHL. »Trotz mehrerer Schreiben an die Post wurden mir immer wieder Ausgaben von »Einkauf aktuell« in den Briefkasten gesteckt«, sagte der Kläger. Trotz dreier Schreiben seit Dezember 2010 hatte er die aus verpackten Programmheften und Werbebroschüren bestehende wöchentliche Sendung bis zum vergangenen März noch acht weitere Male erhalten. Eine Unterlassungserklärung wollte die Post nicht abgeben, weil die Kosten und Mühen gemessen an der Belästigung des Klägers zu hoch seien.

Dagegen erhob der Mann Klage beim Amtsgericht. Das wies die Klage ab und sah keinen Unterlassungsanspruch. Der Kläger könne einfach einen »Werbung - nein danke!«-Aufkleber an seinem Briefkasten anbringen. »Das wollte ich aber nicht«, erklärte der Kläger. »Ich möchte selbst entscheiden, welche Werbung ich bekomme und welche nicht. Außerdem sehe ich nicht ein, dass ich zur Mülltrennung genötigt werde, die Packung zu öffnen und mir den Inhalt anzuschauen«, begründete er seinen Schritt.

Das Landgericht sah das ähnlich. Ein solcher Aufkleber sei nicht notwendig, wenn der Empfänger auf anderem Wege eindeutig zu verstehen gegeben habe, dass er diese Werbung nicht wünsche. »Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, nämlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar sowie eine Eigentums- oder Besitzstörung.«

Bei ihrer Entscheidung beriefen sich die Richter auch auf Artikel 2 des Grundgesetzes, der das Selbstbestimmungsrecht garantiert. Das Interesse des Einzelnen am Schutz seiner Individualsphäre habe grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse eines Unternehmens an Werbung. Auch gegen das Gesetz für unlauteren Wettbewerb sei dabei verstoßen worden. »Im Hinblick auf die erhebliche Anzahl von Werbeverweigerern wird dies gegebenenfalls dazu führen, dass die bisher bekannte Form der Postwurfsendungen nicht mehr möglich sein wird«, heißt es im Urteil.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die gesamte Werbewirtschaft ließ die Kammer eine Revision zu. Der Fall könnte also demnächst den Bundesgerichtshof beschäftigen. Ein Antrag auf Revision liege bislang noch nicht vor, so eine Sprecherin des Landgerichts. Die Frist aber ist noch nicht abgelaufen.

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