Das Ende der Tiefstapelei

Borussia Dortmund greift auch auf dem Transfermarkt an - mit Wirkung auf die Bundesligakonkurrenz

Jung, unbekümmert, besonders talentiert und entwicklungsfähig. So liest sich das Anforderungsprofil von Borussia Dortmund für neue Spieler. Marco Reus passt perfekt. Der 22-jährige Flügelspieler ist schnell, torgefährlich und technisch stark. Zehn Treffer und vier Vorlagen für Borussia Mönchengladbach in der Hinrunde sind der Beweis. Dennoch bedeutet die Verpflichtung des dreimaligen Nationalspielers zur kommenden Saison einen Strategiewechsel beim Meister - und zeigt Wirkung in der Bundesliga.

Natürlich geht es ums Geld. Reus kostet die Dortmunder 17 Millionen Euro. Der BVB hat bisher unter Trainer Jürgen Klopp seit 2008 insgesamt nur etwas mehr als das Doppelte ausgegeben. Mit Weitblick, dem Auge für das Besondere und etwas Glück auf dem Transfermarkt sowie eigenen Talenten wurde ein hochbegabtes Ensemble geformt. Doch Erfolge wie der Meistertitel waren auch nur möglich, weil das junge Team kaum Druck zu spüren bekam. Weil es immer vorrangig um die Zukunft ging.

Unbeschwert konnten Götze, Kagawa, Hummels, Schmelzer und Co. ihrer Spielfreude freien Lauf lassen. Mit der Rhetorik eines Schülertrainers wiederholte Klopp regelmäßig: Fehler und Rückschläge seien normal, gehören zur Entwicklung und seien dazu da, um aus ihnen zu lernen. Das war nicht nur sympathisch, weil er dabei immer authentisch und meist humorvoll blieb und seine Mannschaft einen spektakulären Offensivfußball spielte, sondern auch, weil es den üblichen Gesetzen der Branche trotzte.

Erste Verlierer des Wechsels gibt es schon. Borussia Mönchengladbach ist jetzt zwar um ein paar Millionen reicher, wird den besten Spieler aber kaum gleichwertig ersetzen können. Und in Folge des Reus-Abgangs hegen weitere Leistungsträger Wechselgedanken. Trotzig reagierte der FC Bayern. Nach dem Titel schnappte der BVB den Münchnern jetzt den Wunschspieler weg. Eiligst kündigte Präsident Uli Hoeneß hochkarätige Verstärkungen für den Sommer an. Die Angst um den Verlust der Vormachtstellung ist nicht zu überhören. Und der Rest der Liga? Der kann ebenso wie der Tabellenführer aus München nur hoffen, dass der neue Plan des zweitplatzierten BVB nicht aufgeht.

Mit dem zweitteuersten Transfer der Vereinsgeschichte haben die Dortmunder ihren Sonderweg verlassen. Und den Zeitpunkt dafür haben sie nicht einmal selbst gewählt. Marco Reus war eben nur jetzt zu haben. Dennoch war die Verpflichtung zielgerichtet. »Wir haben einen klaren Plan«, sagte Klopp. Und der lautet: Wenn du was erreichen willst, »dann musst du zu Borussia Dortmund gehen«, ergänzte er. Und Sportler wollen nun einmal Titel.

Die Zeit des Tiefstapelns in Dortmund ist vorbei, die Leichtigkeit dahin. Der unter Klopp neu formierte BVB steht vor einer ersten wirklichen Bewährungsprobe. Öffentlichkeit und Fans werden die Leistung fortan an der neuen Dimension der Investitionen messen. Gleiches werden sich die Gegner erlauben. Der Druck auf Reus, seine Mitspieler und die sportlich Verantwortlichen wird wachsen - eine große und vor allem neue Herausforderung.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -