»Wir werden nicht ernst genommen«

Der erste eigene Kongress von Fußballfans in Berlin leidet unter fehlender Dialogbereitschaft

Mit zwei Enttäuschungen begann am Sonnabend der erste Fankongress. Besonders gespannt waren die gut 500 Teilnehmer aus über 60 Vereinen im Berliner Kino Kosmos auf die Diskussion mit Ingo Rautenberg. Doch der Polizeidirektor der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze ZIS, die die umstrittene Datei »Gewalttäter Sport« verwaltet, kam nicht. So war an beiden Tagen kein Vertreter der Polizei vor Ort.

Die Organisatoren des Kongresses von der Vereinigung »ProFans« ärgerten sich vor allem über die kurzfristige Absage. »Die Fans reichen hier die Hand zum Dialog. Umso enttäuschender, dass die ZIS nicht teilnehmen möchte«, kritisierte der Sozialwissenschaftler Gerd Dembowski als Moderator einer Podiumsdiskussion.

Hendrik Große Lefert, der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußballbundes (DFB), erschien zwar, hatte aber die zweite große Enttäuschung im Gepäck. »Pyrotechnik hat im Stadion nichts zu suchen«, erklärte er am Rande und verweigerte bei diesem Thema die öffentliche Diskussion mit den Fans. Ohne gemeinsame Gespräche wird das Problem jedoch nicht zu lösen sein. Stephan Schnell von der Ultragruppierung »Wilde Horde Köln« befürchtet, dass sich innerhalb der Fanszene »die radikalen Meinungen durchsetzen, wenn die Fronten auch in Zukunft so verhärtet sind«.

Auch da, wo es nach Dialog aussah, war es mehr eine Darstellung der eigenen Positionen. Ein skurriles Bild gaben Holger Hyronimus, Geschäftsführer der Deutschen Fußballliga (DFL), und Dirk Grosse vom Bezahlsender Sky ab. Hinter einem riesigen Banner mit der Aufschrift »Fankultur« redeten sie über Spieltagsplanung und Anstoßzeiten. Dabei wurde mehr als deutlich, dass die Belange der Fans, die ihre Vereine bei Heim- und Auswärtsspielen im Stadion unterstützen, keine Rolle spielen.

Ob bei Sicherheitsfragen oder der fortschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs, den Fans fehlt die Lobby, um mitbestimmen zu können. »Wir werden nicht ernst genommen«, weiß Robert Pohl. Der Vertreter der IG »Unsere Kurve«, mit über 300 000 Mitgliedern die größte Fanvereinigung in Deutschland, nannte die scheinheiligen Dialogangebote seitens der Entscheidungsträger in Sachen Anstoßzeiten und Pyrotechnik als Beispiel. In beiden Fällen sei man verarscht worden.

Wie erfolgreich man sein kann, wenn man gut organisiert und geschlossen auftritt, zeigt die Arbeit in den Vereinen. Dort sind die Fans unverzichtbar. Jens Wagner ist Fan vom HSV und Mitglied des »Hamburger SV Supporters Club«, in dem über 54 000 Fans des Klubs organisiert sind. Wagner berichtete über erstaunliche Erfolge. Die Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Mutterverein konnte bislang erfolgreich verhindert werden. Einen ständigen Sitz für einen Fanvertreter im Vereinsvorstand habe man erstritten. So können die eigenen Interessen gar nicht überhört werden, Mitbestimmung ist gesichert.

Wünschenswert wäre das natürlich auch vereinsübergreifend, etwa in Form eines Dachverbandes. »Das ist ein ganz langer Weg«, weiß Wagner. Was man hier in Berlin erlebe, sei Basisdemokratie. »Um Gremien zu schaffen, bedarf es demokratischer Strukturen.« Aber immerhin: »Ich glaube, dass das möglich ist«, ergänzte er.

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