Wenn Kanalarbeiten das Haus absenken

Schadenersatz und Anschlusszwang

  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn Kanalbauarbeiten Schäden an einem Haus verursachen, steht dem Eigentümer Schadenersatz zu. Selbst wenn ein Grundstück am Ortsrand liegt, muss es an den Abwasserkanal angeschlossen werden, wenn der zuständige Abwasserverband das ordnungsgemäß entschied. Zwei Urteile, die bundesweit wichtig für Grundeigentümer sind.

Einem Hauseigentümer steht ein Anspruch auf Entschädigung gegen die Verbandsgemeinde und auf Schadensersatz gegen eine Baufirma zu, wenn aufgrund von Kanalbauarbeiten Schäden an seinem Haus festgestellt werden. Dies kann auch nach einem längeren Zeitraum geschehen. So sprach das Oberlandesgericht Koblenz am 1. April 2011 (Az. 1 U 379/06) einem Hauseigentümer einen Schadensersatz und eine Entschädigung zu für Kanalbauarbeiten, die Mitte der neunziger Jahre durchgeführt wurden.

In dem vom Deutschen Anwaltverein (DAV) mitgeteilten Fall wurden damals Kanalbauarbeiten vor dem Grundstück des Hauseigentümers durchgeführt. Dieser war der Ansicht, die Arbeiten im Auftrag der Verbandsgemeinde hätten den Grundwasserspiegel derart gesenkt, dass sich sein Haus gesetzt habe und erhebliche Risse entstanden seien. Die Schäden seien darauf zurückzuführen, dass bei den Kanalarbeiten keine ausreichenden Trennschürzen bzw. Querriegel eingebaut worden seien.

Die Baufirma und die beklagte Verbandsgemeinde meinten hingegen, die Kanalbauarbeiten hätten die Schäden am Haus nicht verursacht. Vielmehr handele es sich um Altschäden, die auf eine unzureichende Gründung des Hauses zurückzuführen seien.

Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme bekam der Hauseigentümer nun Recht. Die fehlerhafte Ausführung der Arbeiten habe ein Absinken des Grundwassers bewirkt, wodurch sich das Haus des Klägers gesetzt habe. Daher müsse für einen großen Teil der am Haus entstandenen Schäden die ausführende Baufirma einstehen und den Schaden ersetzen. Auch die Verbandsgemeinde müsse den Kläger entschädigen. Die Einwirkung auf das Grundstück seien von dem Straßengrundstück ausgegangen, an dem die Kanalbauarbeiten ausgeführt wurden.

Rechtsgrundlage für Abwasseranschluss

Auch am Ortsrand gelegene Grundstücke müssen an den Abwasserkanal der Verbandsgemeinde angeschlossen werden. Das hat das Verwaltungsgericht Koblenz am 20. November 2011 (Az. 1 K 979/10.KO) entschieden, wie der DAV mitteilt.

Der verhandelte Fall: Die Verbandsgemeinde hatte entschieden, dass ein am Ortsrand gelegenes Wohnhaus an das öffentliche Kanalisationssystem anzuschließen sei. Bisher wurde dessen Abwasser noch in einer Grube gesammelt und dann abtransportiert. Die Verbandsgemeinde forderte die Hausbesitzerin auf, die für den Anschluss erforderliche Pumpanlage und eine Druckleitung auf dem Grundstück zu installieren.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren klagte die Verbandsgemeinde. Sie machte unter anderem geltend, die Abwassersatzung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Überdies bedürfe es technisch für den geforderten Anschluss keiner Hebeanlage. Deren Errichtung sei zudem mit einem unzumutbaren Kostenaufwand verbunden.

Die Richter wiesen die Klage ab. Die Allgemeine Entwässerungssatzung der Verbandsgemeinde sei formell nicht zu beanstanden. Auch finde die der Hausbesitzerin auferlegte Verpflichtung in der Entwässerungssatzung eine ausreichende Rechtsgrundlage.

Entscheide sich der Träger der Abwasserentsorgung für den Anschluss eines Grundstücks über eine Druckleitung, sei es Sache des Grundstückseigentümers, seine Grundstücksentwässerungsanlage dem Stand der Technik entsprechend an diese Druckleitung anzuschließen. Eine dazu notwendige Pumpanlage sei Bestandteil der Grundstücksentwässerungsanlage, für deren Herstellung und Unterhaltung er selbst verantwortlich sei.

Das Grundstück der Klägerin liege sieben Meter tiefer als das Schachtbauwerk der Kanalisation. Ein Anschluss sei auch technisch möglich. Schließlich werde die Klägerin durch die vom Sachverständigen mit rund 11 500 Euro bezifferten Herstellungskosten nicht unverhältnismäßig belastet. Ein solcher Betrag für den Anschluss sei dem Grundstückseigentümer zumutbar.

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