Billige Münze Antisemitismus
LINKE wird wieder Zielscheibe in einer Aktuellen Stunde im Bundestag
Ob Stasivorwürfe, angeblicher Antisemitismus, Kommunismusaffinitäten oder das neue Parteiprogramm - Debatten, in denen es allein um die politische Abrechnung mit der LINKEN geht, sind im Bundestag Legion. Voraussichtlich am Donnerstag wird es eine Neuauflage geben. Gegenstand ist ein Aufruf von insgesamt weit über 1000 Personen, die darin die Beendigung der Sanktionen des Westens gegen Syrien und Iran fordern sowie die NATO, USA und Israel beschuldigen, absichtsvoll eine Situation herbeizuführen, in der eine Intervention des Westens gerechtfertigt erscheinen könnte.
Argumente zeigen Wirkung
Der Debatte im Reichstag ging bereits eine grobe Auseinandersetzung in der eigenen Partei voraus. Die Gruppierung BAK Shalom in der Linkspartei hatte die Erklärung heftig als »linke Solidarität mit den Schlächtern« kritisiert und die sechs Abgeordneten aufgefordert, ihre Unterschriften zurückzuziehen. Diese unterstützten damit die Regimes in beiden Ländern, obwohl sie die eigentlichen Verursacher von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen seien, so lautete der unfreundliche Vorwurf.
Die Argumente zeigen Wirkung. Auch in der Linkspartei selbst sind die Fliehkräfte unübersehbar, die Politiker dazu bewegen, sich von ihren Genossen wenigstens mit dem Satz dezent zu distanzieren, man selbst hätte die Erklärung jedenfalls nicht unterschrieben. Aus der Parteispitze hatte es eine Stellungnahme gegeben, die alle Vorwürfe, die LINKE unterstütze die Terrorregimes in Syrien und Iran, zurückwies und die Vorwürfe des Aufrufs, der Westen trage selbst zu einer Kriegssituation bei, nicht wiederholte. Fraktionschef Gregor Gysi hatte am Wochenende nach Abschluss einer Fraktionsklausur leicht stirnrunzelnd angemerkt, in solch kniffligen Dingen empfehle es sich, doch den Rat der Genossen zu suchen, bevor man voreilig Unterschriften leiste.
Doch die Unterzeichner geben nicht klein bei. In einer gemeinsamen Erklärung machten sie geltend, dass es an ihrer Kritik gegenüber den Regimes beider Länder keinen Zweifel geben könne. Sevim Dagdelen und Diether Dehm wie auch Ulla Jelpke sprachen von Lügen, die Teil der Kriegsvorbereitungen seien. Dagdelen: »Dass es den Koalitionären nicht um Menschenrechte geht, zeigt ihre bedingungslose Unterstützung unter anderem für das mörderische Regime in Saudi Arabien.«
Inzwischen hat sich mit Norman Paech ein weiterer Unterzeichner zu Wort gemeldet. Der frühere Bundestagsabgeordnete verwahrt sich vor Anschuldigungen in der »Frankfurter Rundschau« und der »Berliner Zeitung«, die Unterzeichner hätten den Terrorregimes in Damaskus und Teheran ihre Solidarität erklärt. Paech ist erkennbar empört über die Anschuldigungen, »wir hätten uns ›öffentlich mit dem Massenmörder Assad verbrüdert‹ und der ›antisemitischen Hamas‹ unsere Solidarität bekundet«. Vorgeworfen werde ihnen, »in kommunistischen Gruppen gestählt und in Antisemitismus gehärtet« zu sein. Kein Wort finde sich dagegen »über unser Anliegen, vor der drohenden Kriegsgefahr für die Völker Irans und Syriens durch die Eskalation der Embargopolitik und die permanenten Kriegsdrohungen zu warnen«.
Wo liegt der Skandal?
Der Vorwurf des Antisemitismus sei ohnehin zur billigen Münze verkommen, so Paech. »Warum wird verschwiegen, dass der Krieg gegen Libyen nach Angaben des neuen Gesundheitsministeriums und des Übergangsrats etwa 40 000 Tote, zahllose Verletzte und Vertriebene gekostet hat? War das die Beseitigung Gaddafis wert? Sollte das das Vorbild für weitere Kriege werden? Und könnte das der Preis für die Beseitigung Assads oder Ahmadinedschads sein?« Der Skandal liege »doch nicht darin, dass wir nicht zunächst unsere Kritik an den Regimen in Damaskus und Teheran und unsere Abscheu vor den Menschenrechtsverletzungen geäußert haben, bevor wir die Kriegsdrohungen der USA und Israels kritisieren. Der Skandal liegt darin, dass die meisten deutschen Medien die permanenten Kriegsdrohungen, ob von den USA oder Israel, und die offensichtlichen Kriegsvorbereitungen wie die Kursschwankungen an der Börse hinnehmen. Wo ist die Kritik an dieser Kriegstreiberei?«
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