Salzwasser in der Elbe
Niedersachsens schwarz-gelbe Regierungskoalition laviert, wenn es um weitere Flussausbaggerungen geht
Ein klares Ja oder Nein zur Elbvertiefung gab es bei der Sitzung des niedersächsischen Landtags am Mittwoch weder von der schwarz-gelben Regierung noch seitens der beiden Koalitionsparteien. Diese lehnte mit ihrer Mehrheit die Anträge der Opposition ab, die Mensch und Natur durch ein weiteres Ausbaggern gefährdet sieht.
Die Befürworter der Vertiefung argumentieren, die Elbe müsse so ausgebaut werden, dass auch größere Containerschiffe mit hohem Tiefgang und voller Ladung den Hamburger Hafen ansteuern und verlassen können, unabhängig von Ebbe und Flut.
Eine »starke Dynamik« der Elbe und damit eine Gefährdung der Deichsicherheit, besonders bei Sturmfluten, befürchten die Gegner des Vorhabens. Auch werde sich der Bereich, in dem sich Salzwasser mit der Elbe mischt, weiter landeinwärts ausdehnen. Dies wäre schlimm für das große Obstbau-Gebiet, wo Elbwasser zum Bewässern genutzt wird. SPD und Grüne hatten ihre Einwände umfangreich dargestellt; doch die Anträge, der Landtag möge sich diesen Bedenken anschließen, wurden von der Koalition abgelehnt.
Stefan Wenzel, Fraktionschef der Grünen, mahnte: Die Folgen einer weiteren Elbvertiefung seien nicht kalkulierbar. Er verwies mit Blick auf die zu erwartenden Salz-Einträge auf einen Zeitungsbericht, demzufolge es »geheime Pläne« zur Anlage von 314 Beregnungsteichen, vier großen Kanälen und einer 38 Kilometer langen Ringleitung gibt. Zweck des Ganzen sei es, die Land- und Viehwirtschaft weiter mit salzfreiem Wasser zu versorgen. Der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion, Kurt Herzog, forderte von Ministerpräsident David McAllister (CDU), er müsse nun darlegen, ob seine Zustimmung zur »Otterndorfer Erklärung« - ein 2008 verfasstes parteiübergreifendes Papier gegen das »beliebige Ausbaggern der Elbe« - nur ein Wahlkampfmanöver war. Der Regierungschef könne aber auch zeigen, ob er die vielen ablehnenden Stellungnahmen der Elbanrainer-Kommunen, der Fischer, Touristiker und Landwirtschaftsvereinigungen zur Vertiefung mitträgt »und den Hamburger Pfeffersäcken zeigt, was eine niedersächsische Harke ist«.
Die EU-Kommission - sie stimmte unlängst der Vertiefung zu - hat laut Herzog die Sache selbst gar nicht geprüft, sondern nur festgestellt, dass das Ausbaggern »nach Angaben der deutschen Behörden gerechtfertigt« sei. Auch um Alternativlösungen sei die EU nicht bemüht gewesen. »Dabei hätte sie nur die Ergebnisse der maritimen Konferenzen von 2000 und 2001 heranziehen müssen«, sagte der Umweltexperte und erinnerte: Seinerzeit haben die Regierungschefs Niedersachsens, Bremens und Hamburgs gemeinsam mit der Bundesregierung »vorbildlich den Willen zu gemeinsamer Hafenpolitik bekundet«. Sie propagierten den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven - er soll im August in Betrieb gehen - ausdrücklich als Ergänzungshafen für Containerschiffe, die wegen ihrer Größe Bremerhaven und Hamburg nicht anlaufen können.
Die Interessen der Menschen in der betroffenen Region würden bei der Entscheidung, ob Niedersachsen sein Einvernehmen zur Vertiefung erklärt, selbstverständlich berücksichtigt. Das bekundete Kai Seefried namens der CDU-Fraktion. Ähnlich äußerte sich auch der neue Umweltminister Stefan Birkner (FDP), der am Mittwoch seinen Amtsvorgänger Hans-Heinrich Sander ablöste.
Die Unterlagen, mit der sich die Regierung in Sachen Elbvertiefung befassen müsse, umfassen insgesamt 2238 Seiten, sagte Ministerpräsident McAllister. Es werde noch mehrere Wochen dauern, alles zu prüfen - »ergebnisoffen«, wie der Regierungschef hervorhob.
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