Ansprüche regelt die europäische Seerechtsverordnung
Rechte Reisender beim Kreuzfahrtunglück
Betroffene des Kreuzfahrtunglücks in Italien denken natürlich zunächst nicht an Geld, sollten aber ihre Ansprüche wegen körperlicher und Gepäckschäden gegenüber dem Beförderer möglichst unverzüglich nach geplantem Reiseende schriftlich geltend machen. Für den Ausgleich von Reisepreis, Rückreisekosten und Schadensersatz kommt bei deutschen Pauschalurlaubern zusätzlich der Reiseveranstalter auf.
Schadenersatzsansprüche gegenüber dem Beförderer regelt im europäischen Raum das europäische Seerecht in Form der Verordnung (EG) 392/2009. Diese gelten für Körperschäden bis hin zum Tod, aber auch für Gepäckschäden einschließlich Verlust. Diese Ansprüche sind übrigens nicht vom Verschulden des Beförderers abhängig.
Deutsche Pauschalreisende können sich außerdem auf das verbraucherfreundliche nationale Reiserecht stützen, das für den vorliegenden Fall den sofortigen Reiseabbruch auf Kosten des Veranstalters regelt - unabhängig vom Verschulden. Zwar pocht angesichts eines solchen Unglücks wohl kein Reiseveranstalter auf eine förmliche nachweisbare Kündigung, dennoch sollte grundsätzlich zunächst der Reiseveranstalter angesprochen werden, damit dieser für die Rückreise sorgen kann, bevor man selbst die Heimreise organisiert. Darüber hinaus kommt eine erhebliche Minderung des Reisepreises in Betracht, da die Reise nicht vollständig durchgeführt werden konnte.
Die Verluste der Concordia-Reisenden gehen weit über körperliche und Gepäckschäden hinaus. Daher sollten Betroffene gegenüber ihrem Reiseveranstalter auch Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651f BGB oder Schmerzensgeld geltend machen. Für all diese Ansprüche gilt jedoch, diese innerhalb eines Monats nach dem ursprünglich geplanten Reiseende beim Reiseveranstalter anzumelden, am besten per Einwurfeinschreiben und zusätzlich per Fax. Maßstab für die Anspruchshöhe ist in der Regel der Einzelfall beziehungsweise die Schwere der körperlichen Beeinträchtigung, gemessen am Reisepreis.
Fragen & Antworten - Schiffsreisende müssen Fristen beachten
Welche Entschädigung steht den Urlaubern zu?
Nach dem deutschen Reisevertragsrecht können die Passagiere grundsätzlich die nicht verbrauchten, aber bezahlten Reiseleistungen zurückverlangen. Da das Kreuzfahrtschiff kurz nach Beginn der Seereise sank, steht den Urlaubern der ganze Reisepreis zu. Zusätzlich haben sie Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Tagespreises für jeden ausgefallenen Kreuzfahrttag. Liegt der Tagespreis etwa bei 140 Euro, muss für jeden ausgefallenen Tag dieser Betrag zusätzlich als Ausgleich für den entgangenen Urlaub bezahlt werden.
Hat die Reederei bereits Entschädigungen zugesagt?
Eine »Standardentschädigung« für die havarierten Kreuzfahrer soll es laut Costa Deutschland nicht geben. Das Unternehmen klärt nach eigenen Angaben derzeit mit jedem einzelnen Gast die erlittenen Schäden. Urlauber, deren Reise auf der »Costa Concordia« am 14. und 21. Januar beginnen sollte und die nun geplatzt ist, erhalten noch in dieser Woche den Reisepreis zurück. Zudem wird ihnen für dieses Jahr eine kostenlose Kreuzfahrt bei Costa angeboten. Wer dies nicht annimmt, erhält als Ausgleich noch einmal 30 Prozent des Reisepreises.
In welcher Höhe haftet der Veranstalter bei Verletzungen oder im Todesfall?
Seit 1. Januar 2012 gelten in der EU neue Passagierrechte und damit neue Höchstbeträge. Die Reederei Costa haftet danach bei Tod oder Körperverletzung bis zu einem Höchstbetrag von rund 275 000 Euro pro Person. Dadurch werden unter anderem Kosten für Ärzte, Überführungen, Beerdigungen oder Unterhaltskosten abgedeckt. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Schuld für das Unglück trägt. Bei Tod oder Körperverletzung ist binnen 15 Tagen ein Vorschuss von mindestens 21 000 Euro zu zahlen.
Wird auch ein höherer Schaden erstattet?
Grundsätzlich haftet der Schiffseigner auch für einen höheren Schaden, wenn ein Verschulden vorliegt und zwar bis zu einer Höchstgrenze von rund 440 000 Euro. Die Reederei muss mangelndes Verschulden ausdrücklich beweisen.
Wer ersetzt verloren gegangenes Reisegepäck?
Für den Verlust oder die Beschädigung von Reisegepäck einschließlich der Kleidung haftet Costa bis zu einem Betrag von rund 2400 Euro pro Person. Für Wertsachen wie Schmuck haftet der Veranstalter bis zu einer Summe von 3500 Euro, vorausgesetzt, die Wertsachen lagen im Safe der Schiffsrezeption. Ein Zimmersafe genügt nicht.
Welche Fristen müssen die Reisenden beachten?
Grundsätzlich müssen Ansprüche binnen eines Monats angemeldet werden. Eine detaillierte Auflistung der Verluste und Schäden ist zunächst nicht erforderlich. Bei Verlust oder Schäden am Gepäck gilt allerdings eine kürzere Frist von 15 Tage nach der Havarie. Die Betroffenen sollten unbedingt alle Belege sammeln, um anfallende Kosten und Ansprüche gegenüber Costa belegen zu können. Die Ansprüche können nur gegenüber dem Veranstalter und nicht, wie viele Kunden denken, gegenüber dem Reisebüro geltend gemacht werden.
Kann ein Kunde, der eine ganz andere Kreuzfahrt gebucht hat, jetzt kostenlos umbuchen?
Nein. Wer eine Kreuzfahrt auf einem anderen Schiff oder beim anderen Veranstalter gebucht hat, kann trotz dieses Vorfalls nicht kostenfrei stornieren.
AFP
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