Hypothekenbanken dürfen sich freikaufen
Einigung mit US-Behörden im Streit um illegale Zwangsversteigerungen
Sie waren das Symbol der Krise in den USA: Im ganzen Land ließen Banken Häuser ihrer Hypothekenkunden zwangsversteigern. Dabei prüften sie oft nicht, ob die Voraussetzungen dafür gegeben waren. In Massachusetts ließen Banker Zwangsversteigerungen vornehmen, ohne Prüfung, ob ihre Bank die rechtmäßige Eigentümerin der Hypothek war. Es genügte, dass der Marktwert der Häuser unter die Höhe der Hypothek sank. Die Formalitäten für die Zwangsversteigerung wurden oft von »Unterschriftenrobotern« erledigt - ungelernten Teilzeitkräften, die mit ihrer Unterschrift die Prozedur einleiteten. Inzwischen haben 14 Millionen US-Amerikaner ihr Haus verloren oder stehen kurz davor.
Doch nun können sie Hoffnung schöpfen: Die Bundesregierung, Behörden der Bundesstaaten und die größten Hypothekenbanken stehen kurz vor einer Einigung. Danach zahlen die Banken bis zu 25 Milliarden Dollar (19 Milliarden Euro) an Strafe. Das Geld soll denen zugute kommen, die durch Zwangsversteigerungen ihre Häuser verloren haben. Außerdem sollen damit Maßnahmen finanziert werden, mit denen weitere Zwangsversteigerungen verhindert werden können. Im Gegenzug stellen die Staatsanwälte der Bundesstaaten ihre Ermittlungen ein.
Bisher haben 40 Bundesstaaten zugestimmt. Obwohl die Liste nicht öffentlich ist, dürften Kalifornien und New York zu den Staaten gehören, die sich einer Einigung noch verweigern. »Für mich sind die Einzelheiten der Einigung wichtiger als der Zeitpunkt«, sagte etwa der kalifornische Generalstaatsanwalt Kamala Harris. »Wir haben in den vergangenen 13 Monaten an einer Lösung gearbeitet, die echte Hilfe für die am schlimmsten Betroffenen bringt. Wir sind jetzt näher an einer Einigung denn je. Aber wir haben sie noch nicht erreicht.« Harris und der Staat New York wollen sicherstellen, dass Betroffene die Banken auch nach der Einigung zivilrechtlich zur Verantwortung ziehen können. Wenn Kalifornien als größter Bundesstaat nicht teilnimmt, sinkt die Strafsumme um acht Milliarden Dollar.
Von den beteiligten Banken hat sich bisher nur die Bank of America geäußert. Die größte Bank des Landes hatte die Probleme durch die Übernahme der Hypothekenbank Countrywide teuer eingekauft, kurz bevor die Immobilienblase platzte. »Wir sind daran interessiert, einen Weg zu einer umfassenden Lösung zu finden, die den Betroffenen hilft«, sagte Dan Frahm, Sprecher der Bank.
Kritiker sagen, die Banken kämen viel zu billig weg. Die US-Hausbesitzer hätten in den vergangenen Jahren bis zu 750 Milliarden Dollar an Immobilienwert verloren. »Jede Strafe, die niedriger als 300 Milliarden Dollar liegt, ist ein Gewinn für das reichste eine Prozent der Amerikaner«, sagte George Goehl von der National People’s Action, einem Netzwerk von Graswurzelvereinigungen in Chicago.
Einer der bekanntesten Verbraucherschützer sieht dies etwas positiver. »Geht diese Einigung weit genug? Nein. Muss mehr getan werden? Absolut. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung? Ja«, sagte Ira Rheingold, Präsident der Nationalen Vereinigung der Konsumentenanwälte. »Es ist aber noch ein weiter Weg, bis der gesamte Schaden bewältigt ist.«
Für den Immobilienmarkt ist die Einigung eine gute Nachricht. Wenn nicht mehr ständig zwangsversteigerte und damit billige Immobilien auf den Markt kommen, könnten die Preise wieder steigen. Und mit steigenden Immobilienwerten lösen sich für viele Amerikaner aus der Mittelschicht die Probleme mit ihren Krediten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.