Tag der Entscheidung in Griechenland

Parlament stimmt über hartes Sparpaket ab / Rösler schließt Ausschluss aus Eurozone nicht aus

  • Lesedauer: 3 Min.
Griechenlands Volksvertreter hatten am Sonntagabend eine der härtesten Entscheidungen ihres politischen Lebens zu treffen: Billigen sie das Sparpaket nicht, gibt es keine neuen Milliardenhilfen - es droht der Bankrott.

Athen/Berlin (Agenturen/nd). In der griechischen Hauptstadt wächst die Spannung: Das Parlament begann am Sonntagmittag mit der Debatte über das neue harte Sparpaket von Ministerpräsident Lucas Papademos. Nach Angaben des Pressebüros des Parlamentes sollte die eigentliche Abstimmung um Mitternacht (Ortszeit) erfolgen. Der Wahlleiter wird dann die Namen der Abgeordneten ausrufen. Diese müssen aufstehen und mit Ja oder Nein abstimmen oder sich enthalten.

Angesichts einer der wichtigsten Abstimmungen in der jüngeren Geschichte herrscht in Griechenland Sorge vor der Zukunft. »Erdbeben!« titelte das Sonntagsblatt »To Vima«. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wie man sie bislang kannte, würden mit dem neuen Sparprogramm »kurz und klein« geschlagen, so das Blatt.

Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich am Nachmittag rund 15 000 Menschen, um gegen das Sparprogramm zu demonstrieren. Um Ausschreitungen zu verhindern, hat die Polizei starke Einheiten zusammengezogen, wie das Fernsehen zeigte.

Die Zustimmung des Parlaments gilt mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse als sehr wahrscheinlich. Für die Billigung ist eine Mehrheit der anwesenden Abgeordneten notwendig Das Parlament hat 300 Sitze. Sozialisten und Konservative, die die Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Lucas Papademos unterstützen, haben 236 Abgeordnete. Obwohl man mit vielen Abweichlern rechnet, gehen Beobachter davon aus, dass das Sparprogramm in der Nacht zum Montag mit klarer Mehrheit gebilligt wird.

Auch EU und Internationaler Währungsfonds erwarten das. Die Eurofinanzminister wollen sich am Mittwoch erneut treffen, um das zweite Hilfspaket für Griechenland zu bestätigen. Es umfasst öffentliche Hilfen von 100 Milliarden Euro, dazu kommen 30 Milliarden Euro zusätzliche Garantien zur Absicherung des Schuldenschnitts.

Am Vorabend hatte Papademos erneut vor den dramatischen Folgen einer Staatspleite gewarnt: Die Zahlungsunfähigkeit würde ein »ökonomisches Chaos« und eine »soziale Explosion« auslösen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte von Griechenland die Umsetzung der bisherigen Sparprogramme, bevor es weitere Finanzhilfen erhalte. Griechenland dürfe »kein Fass ohne Boden sein«, sagte er der »Welt am Sonntag«. »Deswegen müssen die Griechen endlich den Boden einziehen. Dann können wir auch etwas reintun.«

Schäuble gestand ein, dass die Rettung des Landes schwieriger sei als die deutsche Wiedervereinigung. Zugleich forderte er von den Griechen die Einsicht, »dass man etwas ändern muss, und zwar dramatisch«. Griechenland sei ein Sonderfall, sagte Schäuble. Die portugiesische Regierung etwa mache einen »ordentlichen Job« und habe nur das Problem, das Wachstum zu erhöhen. Zur Möglichkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro sagte er: »Das haben die Griechen alles selber in der Hand.«

Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler schließt den Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone nicht mehr aus. Es hänge einzig von den Griechen selber ab, sagte er am Sonntag in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin«. Die Bedingungen, die zwischen Europa und Griechenland vereinbart worden seien, müssten jetzt endlich umgesetzt werden. »Wir können und wollen auch nur noch helfen, wenn es entsprechende Gegenleistungen auf griechischer Seite gibt.« Rösler: »Und wir sagen hier auch sehr klar: Der Tag X verliert zunehmend an Schrecken.«

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