Der Hauch von Vertuschung
BKA ließ Handydaten von NSU-Mitglied löschen / Weitere Helfer enttarnt
Das BKA hat offenbar Kopien von Daten löschen lassen, die auf dem Handy eines Unterstützers oder Mitglieds des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) gefunden worden waren. Dem NSU werden zehn Morde zur Last gelegt. Die Daten waren von Spezialisten der Bundespolizei auf dem Handy von André Eminger entschlüsselt worden. Der Mann aus Sachsen, der bei der »Brigade Ost« und bei der »Weißen Bruderschaft Erzgebirge« aktiv war, ist Ende November in dem Haus seines Zwillingsbruders Maik im brandenburgischen Grabow festgenommen worden. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Dass die Daten auf Betreiben des BKA vernichtet wurden, geht aus dem E-Mail-Verkehr zwischen den beiden Polizeibehörden hervor, der »Bild am Sonntag« vorliegt. Ein Sprecher hatte die Löschaktion bestätigt. Gestern hieß es plötzlich, der Vorwurf sei »absurd«. Alle ausgelesenen Daten stünden vollständig und unverändert für die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes und des BKA zur Verfügung.
Normalerweise müsste die Bundespolizei ihre Ermittlungsergebnisse mindestens bis zum Abschluss des jeweiligen Gerichtsverfahren aufbewahren, um belegen zu können, woher welche Informationen stammen. Dass bei der Löschung Eigenschutz vorherrscht, ist denkbar. Nach nd-Informationen war Eminger zur Jahrtausendwende insgesamt fünf Mal vom Landesamt für Verfassungsschutz angesprochen worden, um ihn als V-Mann zu werben. Doch er wurde möglicherweise bereits von einer anderen Behörde geführt.
Für den Vorsitzenden des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU) riecht der Vorgang »nach Beweisunterdrückung durch das BKA«. Petra Pau, die für die Linksfraktion im Bundestagsuntersuchungsausschuss arbeitet, sagte: »Die große Aufklärung war versprochen. Nun riecht es nach großer Vertuschung.« Der Vorgang habe Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) alarmiert. Sein Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche soll eine »umfassende Erklärung durch die Amtsleitung des BKA« angefordert haben.
Neue Erkenntnisse gibt es auch zur Herkunft einer Waffe, die im Wohnmobil der getöteten Mitgliedern der »Zwickauer Zelle« Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gefunden wurde. Dabei geriet ein Secondhand-Video-Verleih mit Filialen entlang der A 4 in Chemnitz, Zwickau, Annaberg und Dresden ins Visier. Zwei Mitarbeiter - der 35-jährige Pierre Jahn und der 42-jährige, ursprünglich aus dem Saarland stammende Herrmann Schneider - sind verdächtig, die Nazi-Terroristen unterstützt zu haben. Bei Hausdurchsuchungen unter anderem in Ehrenfriedersdorf bei Chemnitz wurden Waffen, Nazi-Devotionalien, CDs mit rechter Musik und die Attrappe einer Raketenwerfer-Granate gefunden. Mundlos soll mit falschem Namen als Kunde registriert sein. Er tauchte 2002 und 2003 mehrmals in einer Filialen auf. Weitere Beschaffungsspuren führen nach Tschechien. In der Schweiz wird gegen zwei Helfer ermittelt.
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