Vorbildlicher Nordosten
Mecklenburg-Vorpommern hat bereits fünf funktionierende Bioenergiedörfer - weitere sollen folgen
Gülzow. Etwa 250 Gemeinden in Deutschland verbindet ein Ziel: Sie wollen Bioenergiedorf sein und ihre Energie aus eigenen Ressourcen erzeugen. Als Bioenergiedörfer zählen Orte, die mindestens die Hälfte des Energiebedarfs aus regionaler Biomasse speisen, sagte Zdenka Hajkova von der bundeseigenen Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow bei Güstrow. In vielen Dörfern gebe es Biogasanlagen, die Strom produzieren, aber deren Wärme noch nicht oder nicht vollständig genutzt wird.
»Die Wärmenutzung, das ist das Spannende«, sagte Hajkova in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Damit könnten Gas- und Ölheizungen in den Wohnhäusern ersetzt werden, die Wertschöpfung bleibe in der Region. Mecklenburg-Vorpommern spielt der Fachagentur zufolge bei der Bioenergie eine Vorreiterrolle: »Als einziges Bundesland hat es ein sogenanntes Bioenergiedorf-Coaching ins Leben gerufen«, berichtete Hajkova. Die Akademie für Nachhaltige Entwicklung (ANE) in Güstrow informiere Kommunen über die Möglichkeiten, zu einer unabhängigen Energieversorgung zu kommen. »Auch die Landgesellschaft bietet eine unabhängige Beratung für Kommunen, Landwirte und Bürger.«
Mecklenburg-Vorpommern hat bisher fünf funktionierende Bioenergiedörfer, wie die Sprecherin sagte: Hermannshof bei Lüdershagen, Ivenack in der Mecklenburgischen Seenplatte und Neuhof, Neuenkirchen und Bantin am Schaalsee. Kurz davor sei auch Bollewick nahe der Müritz, wo noch 2012 das Nahwärmenetz gebaut werde. Etwa 100 weitere Orte hätten Interesse bekundet, Bioenergiedorf zu werden.
Eine hundertprozentig eigene Energieversorgung ist Hajkova zufolge nur rechnerisch möglich. Dezentral erzeugter Strom muss ins Stromnetz eingespeist werden. Allerdings habe ein Bioenergiedorf in Brandenburg auch ein eigenes Stromnetz aufgebaut. Biogas- und Holzhackschnitzelanlagen verarbeiten vielerorts Biomasse von angrenzenden Feldern oder Holzreste aus kommunalen Wäldern. Die Anlagen sind oft von ortsansässigen Landwirten errichtet.
»Im Westen schließen sich auch häufig Bürger zusammen und investieren gemeinsam in eine Anlage«, sagte Hajkova. Um Haushalte mit Nahwärme zu versorgen, seien weitere Investitionen notwendig: Leitungen müssen durchs Dorf verlegt werden, in den Häusern werden Übergabestationen gebraucht. Am Ende würde sich dieser zusätzliche Aufwand aber auszahlen. Die Kosten je Kilowattstunde seien meist günstiger als bei Gas oder Öl - und würden vor allem stabil bleiben. »Die Ölpreise dagegen steigen weiter an«, ist sich Hajkova sicher.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat jetzt zum zweiten Mal nach dem Jahr 2010 zum Wettbewerb um die besten Bioenergiedörfer aufgerufen. Kommunen können sich bis zum 1. Juni bewerben. Die drei besten Ideen zur Erzeugung und Nutzung von Bioenergie auf dem Lande werden dann im November in Hannover mit jeweils 10 000 Euro prämiert.
50 Prozent aus Biomasse
Ein Bioenergiedorf deckt seinen Bedarf an Strom und Wärme mindestens zu 50 Prozent aus regional erzeugter Bioenergie. Die Bioenergieanlagen gehören wenigstens teilweise den Wärmekunden oder den Landwirten im Ort, die Biomasse stammt aus der unmittelbaren Umgebung. Der häufigste unter den verwendeten Energieträgern ist Biogas, gefolgt von Holz. Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist, die Wärme in ein Nahwärmenetz, das meistens zusätzlich geschaffen werden muss. Vorteile von Bioenergiedörfern sind unter anderem die Unabhängigkeit von Energieimporten und Energiekonzernen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und eine günstige und stabile Wärmeversorgung. (dpa/nd)
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