Bonus bei »Basel III«?
Genossenschaftsbanken: Maßstäbe für Großbanken dürfen nicht für alle gelten
Deutschlands kleinste Bank ist in den Tiefen Schleswig-Holsteins zu Hause, einschließlich Putzfrau arbeiten bei der Raiffeisenbank Struvenhütten eG sechs Personen. Struvenhütten liegt bei Kaltenkirchen, was sich wiederum irgendwo an der Autobahn zwischen Kiel und Hamburg befindet. Die eintausend Kunden sind gleichzeitig Genossenschaftsmitglieder, bestimmen Vorstand und Aufsichtsrat und kassieren am Jahresende eine ansehnliche Dividende von zurzeit fünf Prozent. »Wir sind gut durch die Krise gekommen«, sagt Vorstand Wolfgang Mohr. Sorgen bereiten ihm »die Kranken, die am Tropf hängen«. Gemeint sind Commerzbank, HSH Nordbank und andere staatlich gerettete Geldgiganten, die »nun mit Konditionen nur so um sich schmeißen«. Der Konkurrenz setzen Mohr und seine Miststreiter menschliche Nähe entgegen: Vom Taschengeldkonto bis zur Rente begleite man die Kunden.
Zukünftig sollen für die Raiffeisenbank Struvenhütten die selben Sicherheitsvorschriften gelten wie für die Deutsche Bank. Der multinationale Frankfurter Geldgigant beschäftigt - umgerechnet in Vollzeitstellen - 102 000 Menschen, rund die Hälfte davon in Deutschland. Diese erwirtschafteten 2010 eine Bilanzsumme von 1 906 000 Millionen Euro - Struvenhütten eine von nicht ganz 14 Millionen.
Doch auch Genossenschaftsbanken sind erfolgreich: So steigerte die Hamburger Volksbank, mit 43 Filialen eine der größeren der 1121 Kreditgenossenschaften, 2012 ihre Kreditvergabe kräftig auf über 1000 Millionen Euro. So könnte es weitergehen, wären da nicht die »Basel-III«-Bestimmungen. Gemäß denen müssen alle Geldhäuser ihre Geschäfte mit immer mehr Eigenkapital absichern. Was für Multis angemessen sein mag, könnte bei lokalen Genossenschaftsbanken und kleinen Sparkassen den Geldhahn verstopfen. »Es kann nicht angehen, dass alle Banken über einen aufsichtsrechtlichen Kamm geschoren werden«, kritisiert der Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, Reiner Brüggestrat. Basel III werde das Geschäftsmodell regional agierender Sparkassen und Genobanken »ohne Maß und ohne Grenzen belasten«, und das werde die Realwirtschaft bremsen.
Mit »Basel III« reagierte ddie Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) auf die Finanzkrise ab 2007, die erhebliche Schwächen der bisherigen Bankenregulierung (»Basel II«) offen gelegt hatte. Ab 2013 sollen demnach alle Banken weltweit schrittweise ihre Geschäfte - noch stärker als in der Vergangenheit - je nach Risikohöhe mit mehr oder weniger Kapital absichern und insgesamt mehr Eigenkapital vorrätig halten.
Genau an diesem Punkt haken die Genossen ein. Ihr Geschäftsmodell sei per se sicherer als das einer globalen Großbank. Zudem bekämen die Volks- und Raiffeisenbanken Probleme, wenn sie mehr Kapital aufnehmen müssten. Während eine AG »einfach« nur neue Aktien an Anleger verkaufen kann, müssten die Genobanken ihre Mitglieder zur Kasse bitten. Da dies schwierig wäre, wären Volks- und Raiffeisenbanken gezwungen, kleinere Brötchen zu backen, also weniger Kredite zu vergeben, um Kapital »einzusparen«. Den Sparkassen müssten nach Basel III statt der Mitglieder die Kommunen mehr Kapital zur Verfügung stellen. Letztlich ist die Bundesregierung gefordert, den nur in wenigen Ländern bekannten Genossenschaftsbanken in der Basel-Runde stärker Gehör zu verschaffen.
BIZ
Die 1930 gegründete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hatte bereits vor dem Platzen der US-Immobilienblase im Sommer 2007 vor einer Finanzkrise gewarnt. Sie verwaltet Teile der internationalen Währungsreserven, beobachtet die Finanzmärkte und stellt Regeln für das Bankgeschäft auf. »Basel II« war aber von den USA letztlich ignoriert worden. Bei »Basel III«, das ab 2013 wirksam werden soll, sind die USA noch mit im Boot. Mitglieder der BIZ sind 60 Zentralbanken. Der Büroturm der BIZ steht auf exterritorialem Boden in Basel und ist für die Schweizer Behörden tabu. hape
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