Mit aller Kraft für die Börsensteuer

Wolfgang Schäuble legt sich für die ungeliebte Finanztransaktionssteuer ins Zeug, damit die SPD seinen EU-Fiskalpakt nicht blockiert

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
»Koppelgeschäft« nennt Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier den Deal, der sich zwischen Bundesregierung und rot-grüner Opposition abzeichnet. SPD und Grüne wollen dem Fiskalpakt von Kanzlerin Merkel nur zustimmen, wenn es im Gegenzug eine Finanztransaktionssteuer gibt.

Wenn man dem Nachrichtenmagazin »Spiegel« Glauben schenken darf, dann gehört Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Kreise derer, die eine Finanztransaktionssteuer auf Börsengeschäfte vorantreiben. Zusammen mit acht europäischen Amtskollegen soll der Minister auf die schnelle Einführung der Steuer drängen, so der »Spiegel«. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestätigte, dass die neun Ressortleiter einen entsprechenden Brief an die dänische Finanzministerin Margrethe Vestager geschickt haben. Dänemark hat momentan die EU-Ratspräsidentschaft inne. »Wir sind davon überzeugt, dass eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene eingeführt werden sollte«, heißt es in dem Brief. Angestrebt wird eine gesamteuropäische Lösung mit allen 27 EU-Staaten. Doch vor allem Großbritannien lehnt das Vorhaben ab. Im Notfall würden die neun - darunter Frankreich, Italien und Finnland - die Steuer erst einmal ohne den Rest einführen. »Mit aller Kraft« wolle man das Thema voranbringen, ließ Schäuble am Montag verkünden. Die Steuer soll sogar bei den heutigen Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel auf der Tagesordnung stehen.

Schäubles plötzliche Leidenschaft für die Abgabe ist vor allem innenpolitisch motiviert: Kanzlerin Merkel hat der EU einen Fiskalpakt aufgenötigt, der alle Mitgliedsstaaten zu teutonischer Haushaltsdisziplin verpflichten soll. Dumm nur, dass der Pakt signifikante Hoheitsrechte auf die EU-Ebene überträgt. In diesem Fall müssen Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. So will es das Grundgesetz. Deshalb ist Kanzlerin Merkel nun auf Stimmen aus dem rot-grünen Lager angewiesen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß zierte sich gestern noch und bezeichnete den Vorstoß von Schäuble als »taktische Variante, um der Opposition in Deutschland die Zustimmung zum Fiskalpakt zu erleichtern«.

Zumal der Finanzminister auch der FDP entgegenkommen muss. Die Liberalen lehnen eine solche Steuer ab, wenn sie nicht von allen 27 EU-Staaten erhoben wird. Einen schwarz-gelben Kompromissvorschlag, der die britische Aktiensteuer als Alternative vorsieht, wies Poß als »Mogelpackung« zurück. Denn bei den Briten sind längst nicht alle Börsendeals steuerpflichtig.

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler sieht wiederum eine rot-rote Verschwörung am Werk: »Will Sigmar Gabriel wirklich in einem anti-europäischen Boot zusammen mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi sitzen?«, fragte der smarte Oberliberale am Sonnabend in der »Leipziger Volkszeitung«. Damit machte Rösler auch klar, in wessen Boot die Sozialdemokraten gerade Richtung Gerechtigkeit segeln. Denn lange Zeit war die Finanztransaktionssteuer kein Projekt der SPD. Lediglich die LINKE hatte immer wieder auf eine Abgabe für Börsengeschäfte gedrungen. Doch nun kann die SPD nicht mehr ohne.

Das Geschacher um die Steuer treibt derweil bizarre Blüten: So sagte der saarländische FDP-Chef Oliver Luksic der »Saarbrücker Zeitung« vom Montag, dass eine Einführung der Steuer denkbar sei, »wenn man die Bürger bei den Benzinpreisen entlastet«. Im Klartext hieße das: Die FDP stimmt der Börsenabgabe nur zu, wenn im Gegenzug Mineral- oder Ökosteuer um fünf bis zehn Cent abgesenkt werden.

So dürfte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle, Recht behalten. Er hatte am Wochenende gemutmaßt, dass die FDP sich letztendlich nicht verweigern werde.

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