Stoßgebete unterm Vesuv

Neapel will im Achtelfinalrückspiel beim FC Chelsea Historisches schaffen, der Gegner kämpft für Englands Fußballehre

  • Bernhard Krieger und Inga Radel, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Tormaschinerie läuft auf Hochtouren, der Stadtheilige San Gennaro wurde um Beistand angefleht, die Tifosi sind auf dem Weg nach London - Neapel ist bereit für den »storico momento«. Zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte winkt dem SSC Neapel der Einzug ins Viertelfinale der Fußball-Champions-League.

Nach dem 3:1 im Hinspiel sind die Süditaliener heute Favorit an der Stamford Bridge beim FC Chelsea, der seine eigene Saison und die nationale Fußballehre retten will. Sollten auch noch die Blues frühzeitig scheitern, stünde erstmals seit 16 Jahren keine englische Mannschaft im Viertelfinale der Königsklasse. Ein ebenso »historischer Moment«.

Neapel sieht sich hingegen unmittelbar vor dem Sprung auf die ganz große europäische Fußballbühne. Ein Erfolg, der nicht einmal zu den goldenen Zeiten mit Diego Maradona gelungen war. Deshalb wird am Mittwochabend das neapolitanische Chaos für zwei Stunden stillstehen. Hunderttausende werden in den Bars und Pizzerien der Hafenstadt vor den Bildschirmen sitzen. Sie werden auch noch einmal Stoßgebete an San Gennaro schicken und die 5000 Tifosi beneiden, die nach London gepilgert sind, um den herbeigesehnten Triumph hautnah zu erleben.

Unterm Vesuv ist man sicher, dass sich die Elf von Walter Mazzarri die 3:1-Führung nicht mehr nehmen lassen wird. Schließlich ist Neapels internationales Sturmtrio mit dem Slowaken Marek Hamsik sowie den beiden Südamerikanern Edinson Cavani aus Uruguay und Ezequiel Lavezzi aus Argentinien immer für einen Treffer gut. Zusammen haben die drei schon 43 Tore in dieser Saison geschossen. Auch in den bisherigen sieben Partien in der Champions League ist Neapel kein einziges Mal ohne Tor geblieben. Und in der Liga hat sich der SSC am Wochenende beim 6:3 über Cagliari Calcio richtig warm geschossen.

Alles spricht für Neapel. Das weiß auch Chelseas Interimscoach Roberto Di Matteo. Der italienische Ex-Nationalspieler hat die Londoner nach anhaltender Talfahrt und der Trennung von Trainer André Villas-Boas vor zehn Tagen zwar ein wenig auffangen können, von ihrer alten Klasse sind sie aber noch weit entfernt. Immerhin: Im FA-Cup und der Liga holte Di Matteo zwei Arbeitssiege.

Deshalb setzt der Tabellenfünfte der Premier League gegen den SSC Neapel vor allem auf die Rückendeckung seiner Fans und unbändigen Einsatzwillen. »Passione« fordert Trainer Di Matteo von seinen Jungs: »Wir müssen die Leidenschaft wiederentdecken. Die Liebe für das Spiel, die Augen des Tigers.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.