Rettung des Wappentiers

Ein Projekt will das Aussterben des Helgoländer Hummers verhindern und sucht nach Geldgebern

  • Stephanie Lettgen, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Europäischen Hummer gibt es in deutschen Gewässern nur am Felssockel von Helgoland. Doch der Helgoländer Hummer ist vom Aussterben bedroht. Wissenschaftler wollen das Krustentier mit einem Wiederaufstockungs-Programm retten.

Helgoland (dpa/nd). Der Helgoländer Hummer ist das Wappenzeichen der Hochseeinsel - und seit Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Zwölf Jahre lang haben Wissenschaftler auf Helgoland geforscht, ob und wie das Krustentier gerettet werden kann. Inzwischen sind sie sich sicher: »Wir müssten 250 000 einjährige Junghummer im Labor züchten und aussetzen. Dann haben wir eine Chance«, sagt Professor Heinz-Dieter Franke von der Biologischen Anstalt Helgoland (BAH) des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung. Kosten des Vorhabens: Bis zu 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre verteilt. Gesucht wird ein Sponsor.

Seit vielen Jahren züchten die Meeresbiologen in einer Halle der BAH am Helgoländer Fährhafen Hummer. Unzählige Becken sind dort aufgestellt. Jungtiere, ausgewachsene Männchen und Weibchen - sie alle leben getrennt voneinander, denn Hummer sind Kannibalen. Überall blubbert es, wenn frisches Wasser durch Schläuche in die grünen Plastikwannen läuft.

In einer solchen lebt Charly, starr sitzt er in einer Ecke. Das etwa 25 Jahre alte Männchen ist eines von fünf der Biologischen Anstalt. Charlys Aufgabe ist klar: Er soll frisch gehäutete Weibchen begatten. Dafür wird eine Hummer-Dame über Nacht zu ihm gesetzt. Sie sendet Duftstoffe aus, die die Aggressivität des Männchens reduzieren. »Außerhalb der Paarungszeit würden sie sich sofort gegenseitig attackieren«, erklärt Franke. Damit Charly nicht zu stürmisch ist und das Weibchen verletzt, sind ihm vorübergehend die Scheren zugebunden.

Hummer können mehr als 50 Jahren alt werden. Als Räuber haben sie eine wichtige Funktion im Nahrungsnetz, ihnen schmecken Würmer, Schnecken, Muscheln oder Algen. »Deshalb ist der starke Rückgang der Hummerpopulation nicht nur ein ökonomisches Problem, sondern auch ein ökologisches Problem für die Lebensgemeinschaft Helgoländer Felssockel«, sagt Franke und öffnet den Deckel einer Box. Er hebt ein Weibchen aus dem Wasser und dreht das zappelnde Tier auf den Rücken. Bei diesem Exemplar kleben mehr als 5000 dunkle Eier am Hinterkörper. Im Frühsommer werden daraus die Larven schlüpfen, die in Spezialbecken aufgezogen werden.

Wenn die Tiere etwa ein Jahr alt, fahren BAH-Mitarbeiter in einer Sommernacht mit einem Boot raus aufs Wasser und setzen die Schalentiere aus. Begleitet werden sie von Besuchern, die für 25 Euro pro Jahr die Patenschaft eines Schützlings übernommen haben und so das Projekt unterstützen. Seit Beginn wurden mehr als 10 000 Hummer ausgesetzt. Erste Erfolge sind zwar sichtbar, doch für einen echten Effekt ist die Zahl der ausgewilderten Tiere noch viel zu klein. »Wir müssen der Population einen einmaligen, kräftigen Impuls verleihen, um sie über die kritische Schwelle zu bringen«, sagt Franke. »Langfristig würde der Helgoländer Hummer sich dann so vermehren, dass es wie früher wieder mehr als eine Million ausgewachsene Exemplare gibt.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.