Überraschung in der Bankenstadt

SPD stellt künftig den OB in Frankfurt am Main

  • Hans-Gerd Öfinger und Robert Luchs
  • Lesedauer: 4 Min.
Zwei SPD-Siege im Rhein-Main-Gebiet: In Frankfurt am Main eroberten die Sozialdemokraten am Sonntag überraschend den Oberbürgermeisterposten, Peter Feldmann wird dort Nachfolger der CDU-Politikerin Petra Roth. Und auch bei der OB-Wahl in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz siegte mit Michael Ebling ein SPD-Mann.

Bei der Stichwahl um den Oberbürgermeisterposten in der Mainmetropole Frankfurt hat sich der SPD-Stadtverordnete Peter Feldmann (53) klar gegen den hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) durchgesetzt. Mit einem Anteil von 57,4 Prozent und einem absoluten Vorsprung von über 23 600 Stimmen schlug Feldmann deutlich klarer als erwartet den CDU-Mann, der auf 42,6 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung lag mit 35,1 Prozent um 2,4 Prozentpunkte niedriger als im ersten Durchgang.

Das Ergebnis gleicht einer kleinen Sensation - mit Folgewirkungen weit über die Stadtgrenzen hinaus. Und es ist eine krachende Niederlage für die seit 17 Jahren amtierende Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU, die mit ihrem vorzeitigen Rücktritt im November ihren Ziehsohn Rhein als Nachfolger ins Amt hieven wollte. Roth setzte dabei auf ihre vermeintliche Popularität und die Zerstrittenheit der lokalen SPD, die erst kurz vor Weihnachten Feldmann nominierte. Dass nach der Inbetriebnahme der neuen Landebahn am Rhein-Main-Flughafen im vergangenen Herbst das Thema Fluglärm auch langjährige CDU-Anhänger bewegen und Rhein deutlich schwächen würde, kam in Roths ursprünglichen Kalkulationen nicht vor.

Mann vom linken Flügel

Für die seit Jahren schwächelnde und zerstrittene Frankfurter SPD war es bereits eine kleine Sensation, dass der lange als chancenloser Außenseiter gehandelte Feldmann überhaupt in die Stichwahl kam. Denn Feldmann gilt als der weiter links stehende der beiden SPD-internen Bewerber. Er schrieb sich Forderungen auf die Fahnen, die in den letzten Jahren eher Alleinstellungsmerkmal der LINKEN waren. So wetterte er gegen Kinderarmut und Wohnungsnot, gegen PPP-Bauprojekte und gegen die Privatisierung von Wohnbaugesellschaften, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen. Zugleich forderte Feldmann eine höhere Gewerbesteuer, preiswerte Schülerticket, kostenlose Schulspeisung und kostenfreien Förderunterricht. Und er sprach sich für ein kommunales Wahlrecht von Nicht-EU-Ausländern sowie für mehr Migranten in der Stadtverwaltung aus.

Ähnlich wie vor Jahren der damaligen SPD-Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti gelang es Feldmann damit, auch bisher apathische SPD-Mitglieder zu aktivieren, viele waren bis Samstagabend bei Hausbesuchen und Straßenaktionen im Einsatz. Zur Wahl Feldmanns aufgerufen hatten auch LINKE, Piraten, Flughafenausbaugegner (FAG), die Gewerkschaftsjugend, die Grüne Hochschulgruppe und der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit.

Wahlverlierer Rhein, der in der hessischen CDU lange als Nachwuchshoffnung des Ex-Ministerpräsidenten Roland Koch galt, ist mit seine Wahlschlappe nun auch als Landesinnenminister angeschlagen. Von einem »bitteren Tag« für die hessische CDU sprach Hessens Regierungschef Volker Bouffier. Das Wahlergebnis ist aber auch ein Denkzettel für führende Köpfe der Frankfurter Grünen, die seit Jahren mit der CDU im Frankfurter Rathaus koalieren und zuletzt in Anzeigen faktisch für Rhein geworben hatten. Denn eine Mehrheit der grünen Basis wählte dennoch Feldmann.

Die hessische SPD sieht sich nach der Frankfurter OB-Wahl ihrem Ziel näher, Ende 2013 wieder die Regierungsmacht im Land zurückzuerobern. Die Sozialdemokraten hatten in der Stadt der Banken von 1946 bis 1977 und 1989 bis 1995 den Oberbürgermeister gestellt. Feldmann tritt sein Amt zum 1. Juli an.

Status quo in Mainz

In Mainz dagegen bleibt die Tradition ungebrochen: Auch nach über 60 Jahren steht ein Sozialdemokrat an der Spitze der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Michael Ebling (45) gewann am Sonntag die Stichwahl mit 58,2 Prozent vor seinem Kontrahenten von den Grünen, Günter Beck, der 41,8 Prozent erhielt. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 34,34 Prozent einen absoluten Tiefstand. Die OB-Wahl war nötig geworden, weil der frühere OB Jens Beutel (SPD) nach einer Reihe von Affären zum 1. Januar vorzeitig in den Ruhestand getreten war.

Im ersten Wahlgang konnte keiner der acht Kandidaten die 50-Prozent-Hürde überspringen. Der CDU-Kandidat Lukas Augustin hatte mit 20,4 Prozent die Stichwahl nicht erreicht. Ihm war kurz vor der Wahl von der Stadtentwicklungsgesellschaft Ingelheim wegen angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten gekündigt worden.

Der Bildungsstaatssekretär Ebling gewann die Stichwahl eindeutiger als erwartet. Er legte gegenüber dem ersten Wahlgang noch einmal kräftig zu und holte in allen Mainzer Stadtteilen die Mehrheit. Für die Grünen, die in der Ampelkoalition mitregieren, ging die Rechnung nicht auf, dass ein großer Teil der CDU-Anhänger das Lager wechseln und grün wählen würde. Kurz vor der Stichwahl hatte eine ganze Reihe prominenter CDU-Politiker den Grünen ihre Unterstützung zugesagt. Ebling wird am 18. April in sein Amt eingeführt. Bis dahin führt der unterlegene Beck als amtierender OB die Amtsgeschäfte weiter.

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