Mobilmachung zum »Hasenfest«

Die Giordano-Bruno-Stiftung ruft bundesweit zum gemeinschaftlichen Kirchenaustritt auf

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen in Deutschland nehmen seit Jahren ab. Ausgerechnet zu Ostern war nun eine Kampagne zum Kirchenaustritt geplant.

»Austritt zum Hasenfest - Trau dich«, unter diesem Motto hat sich am Gründonnerstag eine Gruppe von Kirchenkritikern vor dem Münchner Kreisverwaltungsreferat an der Ruppertstraße eingefunden. »Sei schlau, verlass den Kirchenbau«, ist auf einem Schild zu lesen. Mit dabei ist Reiner Statz, Geschäftsführer der regionalen Giordano-Bruno-Gruppe. Ihr Namensgeber, der Geistliche aus dem 16. Jahrhundert, der wegen seiner Ansichten über die Unendlichkeit des Universums auf dem Scheiterhaufen endete, weist die Richtung der öffentlichen Aktion: Es geht um einen »Kollektiven Kirchenaustritt«, zum ersten Male eine bundesweite Aktion in verschiedenen Städten, darunter neben München auch in Mainz, Mannheim, Trier und Wiesbaden.

Es ist 14 Uhr und immer wieder stoßen Austrittswillige zur Gruppe. Zum Beispiel Egon F. Der Diplom-Geologe will heute aus der Kirche austreten. Warum? »Ich überlege mir das schon länger«, sagt der erst neulich nach München Zugereiste, er habe keine Beziehung zur Institution Kirche mehr. Pro Tag kehren im Kreisverwaltungsamt durchschnittlich 30 Personen der Kirche den Rücken, heute werden es wohl mehr sein. 2011 wurden in München 9028 Kirchenaustritte gezählt.

»Mit Ihrem Austritt trennen Sie sich von Ihrer Bindung an die Kirche, die Ihnen vielleicht schon lange nichts mehr bedeutet. Nach dem Kirchenaustritt werden Sie ein Gefühl der Befreiung empfinden, wie viele Ausgetretene vor Ihnen«, heißt es in dem Aufruf zur »Kirchenaustrittskampagne 2012«. Die erste kollektive Aktion fand letztes Jahr in Mainz statt. Sie stieß auf harsche Reaktion der Kirche, in der Mainzer Bistumszeitung »Glaube und Leben« übte Kardinal Karl Lehmann scharfe Kritik.

Hinter dem Aufruf zum Kirchenaustritt steht unter anderem die religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung, die bundesweit mit Regionalgruppen vertreten ist. Die Stiftung vertritt einen »Evolutionären Humanismus«: »Wie jeder konsequente Humanismus geht auch der Evolutionäre Humanismus von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse aus. Evolutionäre Humanisten treten entschieden für die Werte der Aufklärung, für kritische Rationalität, Selbstbestimmung, Freiheit und soziale Gerechtigkeit ein«, heißt es dazu in einem Manifest.

Danach wird der Mensch allerdings nicht mehr als »Krone der Schöpfung« gesehen, sondern »als unbeabsichtigtes Produkt der natürlichen Evolution«. Der »Spiegel« bezeichnete die Giordano-Bruno-Stiftung als den »Think-Tank der deutschen Atheisten«, der versuche, all diejenigen zu organisieren, die an Gott und Kirche nicht glauben. Sie liefere dabei das theoretische Rüstzeug: »Die Giordano-Bruno-Stiftung ist das geistige Oberhaupt all derjenigen, die geistigen Oberhäuptern nicht trauen.«

2010 war die Zahl der Kirchenaustritte von Katholiken vor allem auch in Bayern stark angestiegen und lag nach Presseberichten bundesweit bei 180 000, einer Zunahmen von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Grund dafür war unter anderem das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen.

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