Realitätsverweigerer

1:2 gegen Freiburg: Hertha BSC spielt leidenschaftslos im Abstiegskampf und will es nicht wahrhaben

Den Fußballern von Hertha BSC ist in den letzten Wochen dieser Saison zu wünschen, dass sie nicht irgendwann noch anfangen zu glauben, was sie erzählen oder erzählen müssen. Nach dem 1:2 (0:1) am Dienstagabend gegen den SC Freiburg schickte der Berliner Bundesligist seine medial erfahrensten Profis, um die Heimniederlage gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf schönzureden.

Während alle anderen Spieler wortlos in der Kabine verschwanden, wie inzwischen in Krisenzeiten üblich bei Hertha BSC, stellten sich Christian Lell und Andreas Ottl den unangenehmen Fragen an den Tabellenvorletzten. Dass Lell die erwartbaren Floskeln lieferte, war noch verständlich. »Rechnerisch ist noch alles möglich«, so der 27-Jährige und deshalb werde man weiterkämpfen. Dem Einstieg von Ottl konnte man auch noch folgen. Das Eigentor von Verteidiger Roman Hubnik zur Freiburger Führung nach sieben Minuten war ein »psychologischer Knacks«.

Dann aber beschrieb der Mittelfeldspieler eine ganz andere Partie. »Wir haben uns dadurch nicht beirren lassen und mit Leidenschaft weitergespielt.« Allein von ihrer Harmlosigkeit haben sich die Berliner nicht abbringen lassen. Freiburgs Torwart Oliver Baumann musste erstmals nach knapp einer Stunde Spielzeit einen Ball festhalten. Die erste vorsichtige Annäherung an Freiburgs Tor gelang Hertha BSC kurz vor dem Halbzeitpfiff mit einem harmlosen Kopfball von Raffael. Und ideenlose Querpässe und behäbiges Aufbauspiel sind das komplette Gegenteil von Leidenschaft. Verständlicherweise quittierte ein Großteil der 45 778 Zuschauer das schon frühzeitig mit Pfiffen.

In einem schwachen Spiel waren die Gäste aus Freiburg nicht die bessere, sondern nur die willensstärkere Mannschaft. Mit viel Laufarbeit hielten sie die Stabilität in der Defensive und erarbeiteten sich nach der glücklichen Führung weitere Chancen. In der 18. Minuten traf Stürmer Garra Dembele frei vor Hertha-Torwart Thomas Kraft aus zwölf Metern nur die Latte. Zwölf Minuten später rettete Kraft per Fußabwehr gegen Jonathan Schmid. Die Vorentscheidung gelang Sebastian Freis, als er in der 67. Minute erst mühelos Hubnik abschüttelte, dann Kraft umkurvte und zum 0:2 einschob.

Die einzige Reaktion der Berliner war übertriebene Härte. Vier Gelbe Karten musste Schiedsrichter Peter Gagelmann in der Folge an sie verteilen. Fußballerisch kam nichts außer verzweifelten Distanzschüssen. Erst ein Torwartfehler von Baumann ermöglichte den Anschlusstreffer von Hubnik (81.). Der Rest war wildes Anrennen, das fast noch zum Ausgleich geführt hätte. Am Ende stand aber ein »verdienter Sieg«, wie Freiburgs Johannes Flum befand.

»Die Situation hat sich nicht geändert«, glaubt Lell, ignoriert dabei aber die vertane Chance, gegen einen bezwingbaren Gegner zu punkten, der jetzt acht Zähler voraus ist. Und er ignoriert, dass Hertha für den Klassenerhalt nur noch vier Spiele bleiben.

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